Dr. Gudrun Westermann
Unter dem Titel „Hilfe, die Endoskopaufbereitung läuft nicht rund!“ fand am 28. Juli 2021 wieder ein Online-Seminar der Deutschen Gesellschaft für Endoskopiefachberufe (DEGEA), unterstützt von der Chemischen Fabrik Dr. Weigert, statt. Ulrike Beilenhoff, 1. Vorsitzende der DEGEA, führte in das Thema ein. Das Seminar sollte typische Fehlerquellen aufzeigen, Ausfall- und Notfallkonzepte vorstellen und Lösungsansätze entwickeln.
Gerlinde Weilguny, leitende Endoskopieschwester aus Wien, befasste sich mit der Ursachenforschung bei kontaminierten Reinigungs- und Desinfektionsgeräten (RDG-E) oder Endoskopen. Infektionen im Zusammenhang mit einer endoskopischen Untersuchung kommen vor, entweder übertragen von einem zuvor untersuchten Keimträger oder durch Keimverschleppung im Patienten selbst, z.B. im Rahmen einer ERCP vom Rachen in den aufgestauten Gallengang. Sie können auch vom Personal kommen, z.B. bei unzureichender Händehygiene oder durch Hustenaerosole, oder aus der Umgebung über ein RDG-E, die Wasserversorgung oder das Endoskop selbst.
Wie häufig solche Infektionen vorkommen, lässt sich nur schätzen, denn häufig wird die Endoskopie nicht als Ursache erkannt. Weilguny zeigte einen Literarturreview, nach dem es in der ersten Hälfte der 1990er Jahre einen Peak an Infektionen gab, die durch endoskopische Eingriffe verursacht wurden – zu der Zeit wurden systematische mikrobiologische Beprobungen an Endoskopen begonnen und vermehrt Studien zur Keimbesiedlung von Endoskopen durchgeführt. Die Endoskop-Hersteller beschäftigten sich intensiv damit, Endoskope leichter aufbereitbar zu konstruieren und die hygienische Leistungsfähigkeit von RDG-E zu verbessern. Die in der Literatur beschriebenen Kontaminationen und durch sie verursachte Infektionen betreffen hauptsächlich Gastroskope und ERCP-Geräte. An resistenten Keimen finden sich in letzter Zeit vor allem Pseudomonaden und Klebsiellen.
Laut RKI dürfen krankmachende Keime nach der Aufbereitung nicht auf Endoskopen verbleiben, beispielsweise Escherichia coli oder Enterokokken als Indikatoren für mangelhafte Reinigung oder Desinfektion, Pseudomonaden als Indikatoren für mangelhafte Schlussspülung oder Trocknung, Streptokokken, die meist aus dem Rachenraum des Personals stammen, oder Staphylokokken als Indikator für Kontamination nach der Aufbereitung durch mangelnde Händehygiene. Weilguny zeigte Möglichkeiten, Kontaminationen auch außerhalb der behördlich geforderten jährlichen mikrobiologischen Kontrollen zu erkennen, z.B. durch Flexicheck®-Tests. Dabei wird ein mit Blutimitat und Polysachariden beschmutztes Plättchen in einem Schlauch im RDG-E gereinigt. Finden sich dabei Rückstände, ist die Reinigungsleistung nicht ausreichend. Laut einer Umfrage unter den Teilnehmern führen über die Hälfte der Abteilungen solche Tests nicht durch; sie seien aber eine gute Möglichkeit, Störungen an der Maschine frühzeitig zu erkennen, erklärte Weilguny. Außerdem gibt es einfach durchführbare Tests, mit denen Eiweißrückstände in Endoskopen erkannt werden können (z.B. Pyromol-Tests), die auf eine unzureichende Aufbereitung der Endoskope hinweisen. Fällt eine Kontamination auf, lässt sich das Problem anhand geeigneter Fragen eingrenzen. In welcher Maschine wurde das Endoskop zuletzt aufbereitet? Welcher Keim findet sich (bestimmte Keime sind, wie zuvor beschrieben, Indikatoren)? Wie ist der Reinigungserfolg an gleichzeitig im selben RDG-E aufbereiteten Endoskopen, wie bei Wechsel des RDG-E?

Bei Keimbelastung Überprüfung des Umfeldes nicht außer Acht lassen
Weiter beschrieb Weilguny, wie Schritt für Schritt das Problem eingegrenzt werden kann, wenn mikrobiologische oder Zusatz-Tests positiv ausfallen. Durch Aufbereitung eines kontaminierten Endoskops in einem anderen RDG-E lässt sich z.B. erkennen, ob die zuerst benutzte Maschine das Problem verursacht hat. Ist dies der Fall, muss die Maschine entsprechend desinfiziert und nochmals beprobt, ggf. von der Herstellerfirma gewartet werden, um das Problem zu beseitigen. Es muss beachtet werden, dass auch alle anderen zuletzt in einer kontaminierten Maschine aufbereiteten Endoskope in einem anderen RDG-E noch einmal aufbereitet werden. Zeigt ein positiv getestetes Endoskop nach nochmaligem Aufbereiten wieder eine Keimbelastung, soll in Erwägung gezogen werden, dass das Endoskop Mikrodefekte aufweist, in denen sich Keime angesiedelt haben – eine Untersuchung beim Hersteller kann hier Klarheit bringen. Zusätzlich muss eine Überprüfung des Umfelds erfolgen: sind alle Schritte korrekt durchgeführt worden? Ist die Händehygiene von allen Mitarbeitern eingehalten worden? Spülflüssigkeit und Spülflaschen, Lagerungszeiten, Reinigungs- und Desinfektionsmittel sind weitere mögliche Schwachstellen. Zwischen den einzelnen beschriebenen Versuchen, die Problemursache zu finden, werden immer wieder mikrobiologische Proben abgenommen. Die Zeit, bis das Probenergebnis einlangt, soll genutzt werden, um alle möglichen Ursachen im Prozess zu durchforsten, machte Weilguny deutlich. Wenn alle Maßnahmen nichts nützen, muss auch über einen Austausch der Endoskope und/oder der RDG-E nachgedacht werden.
Ulrike Beilenhoff sprach über Ausfallkonzepte. Was ist, wenn Geräte ausgetauscht werden müssen – wie kann man die Zeit überbrücken? Nicht nur defekte Geräte können ein Ausfallkonzept notwendig machen, auch Störungen der Infrastruktur, baulich-technische Schäden oder Personalausfall. Ein Bau oder Umbau ist ein planbares Ereignis, bei den anderen muss man dagegen schnell reagieren können. Schon prophylaktisch sollten verschiedene Szenarien durchdacht werden. Auch eine Risikoanalyse und Bewertung muss der Planung möglicher Maßnahmen vorausgehen. Jede Störung, jeder Ausfall sollte dokumentiert werden, denn er liefert wertvolle Hinweise für die Bewertung und weitere Planung. Teamarbeit ist bei Ausfallkonzepten essentiell, betonte Beilenhoff. Betreiber, Hygiene, Haustechnik und auch externe Abteilungen müssen mit der Endoskopie Hand in Hand arbeiten. Sie verwies auf die Veröffentlichung des Fachausschusses Hygiene, Bau und Technik der DGSV e.V., Teil 15, „Ausfallkonzept für planbare und unerwartete Betriebsstörungen“. Bei der Beurteilung des Personalausfalls muss man zunächst fragen, wie viel Personal für den Routinebetrieb eigentlich notwendig ist. So kann die „Schmerzgrenze“ festgelegt werden. Es hilft, verschiedene Szenarien, z.B. auch Krankheit oder Mutterschutz, im Vorfeld durchzuspielen. Leihpersonal muss ggf. entsprechend eingearbeitet und fachkundig sein. Für einen Geräteausfall kann ein Umstieg auf Leih- oder Einmalgeräte helfen, z.B. für Bronchoskope. Auch eine evtl. vollständige manuelle Aufbereitung muss vorgeplant werden, z.B. sind dafür vier Becken erforderlich, um eine Rekontamination zu verhindern. Entsprechende Prozesschemikalien müssen ebenfalls dafür vorgehalten werden. Beilenhoff wies darauf hin, dass die manuelle Aufbereitung sehr personalintensiv ist und viel Zeit braucht. Gerade neue Mitarbeiter müssen die manuelle Aufbereitung unbedingt auch üben. Bei einem Einsatz von fremden RDG-E muss geprüft werden, für welche Endoskoptypen die Validierung vorliegt, es müssen auch die nötigen Adapter vorhanden sein. Muss die Aufbereitung ganz ausgelagert werden, sind evtl. auch vertragliche Regelungen notwendig. Lange Lagerungszeiten vor der Aufbereitung sind zu vermeiden, um der Biofilmbildung entgegenzuwirken. Evtl. sollten die Endoskope dann schon vor dem Transport manuell gebürstet werden.
Guido Merk, Firma Dr. Weigert, sprach über Prozesschemikalien für ein Notfallkonzept. Er beschrieb den regulären Aufbereitungszyklus mit maschineller Aufbereitung. Im Falle eines Maschinenausfalls bleiben die Vorreinigungsschritte gleich. Die manuelle Desinfektion muss nach KRINKO-BfArM-Empfehlung mit bakteriziden, viruziden, fungiziden und tuberkuloziden/ mykobakteriziden Desinfektionsmitteln durchgeführt werden. Merk wies darauf hin, dass bezüglich der sporiziden Wirkung gegen C. difficile die Abreicherung bei der manuellen Aufbereitung durch die Kombination von Reinigung und Desinfektion erreicht werden kann. Die Desinfektionsmittel basieren auf Glutaraldehyd oder Peressigsäure. Entscheidend ist das Wirkspektrum.
Weitere Faktoren, die zu klären sind, sind Anwendungsparameter, Materialkompatibilität und Kompatibilität mit Vorreinigungsmitteln. Schließlich müssen Raumluftbelastung, Standzeiten und Entsorgung geklärt sein. Abschließend ging Merk auf mögliche Fehler ein. Die aktiven Substanzen können sich abbauen. Mit Hilfe von Teststäbchen kann man prüfen, ob die Lösung noch die richtige Aktivität aufweist.
Ausbruchsgeschehen und kontaminierte Endoskope
Frank Bieger aus Zürich, Vorstandsmitglied der Schweizer Fachgesellschaft SVEP, beschrieb eine schwierige Situation im Zusammenhang mit der Planung und Inbetriebnahme einer neuen Abteilung. 90 Tage nach der Inbetriebnahme kam es nämlich zu einem Pseudomonas-Ausbruch, und tatsächlich waren Endoskope kontaminiert, sowohl mit Pseudomonaden als auch mit Indikatorkeimen.
Insofern mussten so kurz nach der Inbetriebnahme der neuen Abteilung die – zum Glück noch vorhandenen – alten Aufbereitungsgeräte wieder aktiviert werden. Parallel lief die Ursachen- und Lösungssuche für die neue Abteilung weiter. Weitere Routinekontrollen waren unbefriedigend, so dass eine Task Force eingerichtet wurde und mit Hilfe verschiedener Maßnahmen, z.B. Einmalventilen und Erhöhung der Peressigsäurekonzentration in der Vorreinigungslösung, versucht wurde, dem Problem beizukommen. Es erfolgte auch eine Meldung an Swissmedic. Nach breiter mikrobiologischer Testung wurden die Maschinen wieder in Betrieb genommen, jedoch war die Ursache des Problems weiter unklar und das Vertrauen in die Maschinen dementsprechend gering. Bei den alten Maschinen waren die Testungen dagegen immer in Ordnung gewesen.
Weitere Überprüfungen zeigten in 60% eine Kontamination der neuen Maschinen. Mit Hilfe eines externen Beraters, der die Maschinen noch einmal untersuchte, zeigte sich, dass eine Verlängerung der Reinigungszeit eine Verbesserung bringen konnte, aber es wurde schließlich doch die Entscheidung getroffen, die Maschinen auszutauschen. Mit den neuen Maschinen zeigte sich anschließend keine Kontamination mehr. Bieger erklärte, dass viel Zeit und Geld in den Betrieb der vorhandenen alten Maschinen geflossen ist, denn der Austausch der RDG-E war nicht von heute auf morgen umzusetzen. Dies war auch für das Personal eine extreme Herausforderung, denn die Abteilung lief während der ganzen Zeit weiter, als wäre Normalbetrieb. Was lernen wir aus diesem Szenario? Bieger betonte, dass die Nutzer von Anfang mehr involviert sein müssen. Die Nutzeranforderungen sind die Basis – es muss aber das gesamte System betrachtet werden. Die Dauer des Aufbereitungszyklus sollte eine untergeordnete Rolle spielen. Auch eine zusätzliche Prüfung der Maschinen mit Indikatoren ist sinnvoll. Schon ca. ein Jahr vor Inbetriebnahme muss der Ablaufplan durchgegangen werden, beispielsweise muss die Validierung 10 Tage vor Arbeitsaufnahme erfolgen. Bieger fasste Schwierigkeiten in den Planungssitzungen zusammen – oft seien Entscheidungen zu schnell oder zu langsam getroffen worden. Eine gute Führung in den Sitzungen sei wichtig, evtl. auch durch eine Person, die nicht direkt aus der Abteilung ist. Die externe Beratung wäre durchaus früher sinnvoll gewesen und hätte den Entscheidungsprozess vielleicht beschleunigen können. Insgesamt sei das Arbeiten mit Standardabläufen und die gesamte Dokumentation extrem wichtig.
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