von Martin Motzkus
Thema ist dieses Mal das Pflegekompetenzgesetz, oder wie Karl Lauterbach es auf der Pressekonferenz am 19.12.23 formulierte: „Wir machen einen Neustart für die Pflege.“ Gemeinsam mit dem Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, und der Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, stellte er in einer Pressekonferenz die vorläufigen Eckpunkte eines Gesetzes zur Reform der Pflegekompetenz vor.
Hauptziel des Gesetzes ist es, die beruflichen Kompetenzen und Befugnisse der Pflegefachkräfte in Deutschland zu erweitern. Lauterbach betonte, dass Pflegekräfte oft mehr Aufgaben übernehmen könnten, als sie derzeit rechtlich eigenständig dürfen.
Daraus ist ein Papier mit vorläufigen Eckpunkten entstanden, das als Vorlage für einen Gesetzesentwurf dienen soll, der aktuell entwickelt wird. Das Eckpunktepapier ist hier zu finden.
Geplant ist ein „partizipativer Prozess mit allen Beteiligten“, also Pflegenden und Ärzten gleichermaßen. Ziel ist es, dass sich beide Berufsgruppen in Zukunft stärker ergänzen.
So sollen beispielsweise die Befugnisse erweitert werden. Pflegekräfte sollen künftig bestimmte Leistungen, aber auch Heil- und Hilfsmittel selbst verordnen dürfen. Das ist längst überfällig. Warum sollte z.B. wie bisher ein Hausarzt über die Notwendigkeit eines Pflegebettes entscheiden oder aus einer Vielzahl von Lokaltherapeutika für die Wundversorgung die richtige Auswahl treffen, ohne dafür qualifiziert zu sein? Aber auch die (Weiter-)Verordnung von Arzneimitteln wird betrachtet. Diagnosestellung und Medikation sollen in ärztlicher Hand bleiben.
Spannend wird natürlich die Frage sein, welche Qualifikationen dafür erforderlich sind und inwieweit bisherige Fortbildungen und Berufserfahrungen anerkannt werden. Natürlich wird auch zu klären sein, wie die Verantwortlichkeiten zu regeln sind. Schließlich geht es letztlich auch um wirtschaftliche und haftungsrechtliche Fragen, die zu berücksichtigen sind.
Advanced Practice Nurse (APN)
In diesem Zusammenhang wurde auch vorgeschlagen, das Berufsbild der Advanced Practice Nurse (APN) zu etablieren, wie es in vielen anderen Ländern, z.B. in den Niederlanden und auch in der Schweiz, bereits der Fall ist. Dort wird übrigens ein Masterabschluss an einer Hochschule erwartet. Damit wäre die Akademisierung der Pflege einen weiteren Schritt vorangekommen, wenn es zu einer solchen Entwicklung käme. Allerdings beziehen sich 8 von 17 Punkten des Eckpunktepapiers nicht auf akademisch ausgebildete Pflegende, sondern explizit auf beruflich ausgebildete Pflegende. Am Ende sollen alle mehr Kompetenzen erhalten.
Das Ärzteblatt zitierte Lauterbach, der betonte, dass es in den Fachgesprächen zur Erarbeitung des Eckpunktepapiers keine Grabenkämpfe" wie in früheren Diskussionen gegeben habe. Christine Vogler ergänzte, damit werde ein „hochattraktiver Beruf“ geschaffen, wie ihn die Pflegenden „seit Jahrzehnten fordern“
Pflege als Heilberuf
Der Deutsche Pflegerat meint, die „Eckpunkte des Pflegekompetenzgesetzes sind wegweisend für die Zukunft der Pflege.“ Es ist von einem „Quantensprung zur Aufwertung des Pflegeberufes“ die Rede und dass die geplanten Maßnahmen auch der Versorgungssicherheit dienten. Wirklich neu ist an dem Gesetz aber vor allem die Tatsache, dass Pflege endlich ein eigenständiger Heilberuf werden könnte. Die Entwicklungen im Bereich der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie (HKP), die z.B. auch die Versorgung von Menschen mit schwer heilenden oder chronischen Wunden verändert, und die geplante Umsetzung der Heilkundeübertragung werden hier zu einem völlig neuen Konzept zusammengeführt, das endlich auch die Anerkennung der Qualifikation der spezialisierten Pflegefachkräfte sichtbar macht. Die Initiative Chronische Wunden (ICW) als stellungnahmeberechtigte medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft begleitet diesen Prozess als Mitgliedsverband des Deutschen Pflegerats durch ihre Delegierten aktiv.
Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats: „Ob es am Ende und im Rückblick ein kleines Weihnachtswunder war, werden wir sehen. Wir als Deutscher Pflegerat werden diesen Weg jedenfalls massiv unterstützen!“
Auch wir, das WUND_letter-Team werden Euch weiterhin über die Fortschritte und Auswirkungen dieses Gesetzes auf dem Laufenden halten.

Neue Berufsbezeichnung gerne gewünscht
An alle Interessierten,
ich halte diese Reform für eine gute Entwicklung. Die Etablierung des "Advanced Practice Nurse" würde ich auch auf jeden Fall gutheißen. Pfleger ist nicht gleich Pfleger. In meinem Pflegedienst sind etliche Kollegen beschäftigt, die sie nie auf irgendeinem Wund- oder Pflegeseminar finden werden, die nach ihrer 3-jährigem Ausbildung vermutlich bis zur Rente so weiterarbeiten mit ihrem Wissensstand und dann nicht wissen, dass man mit einem Ligasano oder Filz eine Wunde am Fuß verhindern kann. Umgekehrt sieht man auf den Messen, nennen wir mal stellvertretend den Bremer oder Nürnberger Wundkongress die Leute, die (hoch-) interessiert sind und Verantwortung in ihren Teams übernehmen können. Da würde ich mir auch gerne im Berufstitel eine Unterscheidung wünschen. Solche Leute haben eine andere (Wissens-) Qualität, nur meistens verdienen die das gleiche wie ihren bildungsfernen Kollegen. In der Schweiz und in den Niederlanden haben die Verantwortlichen das verstanden. Das Thema, das Herrn Motzkus hier anreißt finde ich sehr interessant und wichtig.
Gruß Klaus Janißen