Versorgungsrealitäten im Wundmanagement aus den Bereichen Uniklinik, Klinik, Wundzentrum, ambulante Pflege, Rehaklinik und pflegerischem Wundzentrum
Es sind zweifellos außergewöhnliche Lebensumstände für so gut wie alle Menschen auf der Welt. Eine gesundheitsbedrohliche Krise dieses Ausmaßes hat es noch nie gegeben. Das SARS-CoV-2-Virus macht keinen Unterschied zwischen arm und reich und kennt auch keine Ländergrenzen. Da niemand auf Erfahrung im Zusammenhang mit dem neuen Virus zurückgreifen kann, sind Wissenschaftler und Mediziner gefragter denn je. Die Suche nach dem besten Konzept ist weltweit zu beobachten. Alle Vorgehensweisen werden evaluiert und Lösungsansätze entwickelt. Dieses Lernen voneinander ist länder-, einrichtungs- und berufsgruppenübergreifend zu erleben. Ein gutes Miteinander, der Abbau von Hierarchien und das Teilen von Erkenntnissen sind positive Aspekte der momentanen Lage. Politiker interessieren sich für die Situation der Pflegenden. Hilfsbedürftige, Alte und Kranke werden in den Fokus gestellt. Aber es gibt auch eine Kehrseite: Kranke werden nicht operiert, wenn es sich um elektive Eingriffe handelt. Andere wiederum scheuen den Gang in die Arztpraxis aus Sorge vor Ansteckung.
Dr. Ralf Weise, Ärztlicher Direktor des St.-Marien-Hospital Friesoythe, hat hierzu einen Leserbrief in der Lokalpresse veröffentlicht:
Seit Wochen rüstet sich das Gesundheitssystem in Deutschland für eine optimale Versorgung von am Corona-Virus erkrankten Menschen (COVID-19) auf. Um Personal, Räume und Material für den Ansturm jederzeit zur Verfügung zu halten sowie die Ansteckungsgefahr für Patienten und Personal in medizinischen Einrichtungen zu reduzieren, wurde die Grundversorgung in allen Krankenhäusern auf die Versorgung von Erkrankun- gen, die nicht auf später zu verschieben sind, reduziert.
Jetzt zeigt sich aber, dass auch die Versorgung von Notfällen, Herzinfarkten, Krebserkrankungen und ähnlichen Leiden deutlich unter dem Normalaufkommen liegt. Eine verschleppte Behandlung eines Herzinfarktes, eines Schlaganfalles oder Krebsleidens kann verheerende Folgen haben und sollte auch in „Corona-Zeiten“ rasch fachkundig untersucht und behandelt werden. Darüber hinaus kann eine zeitnahe Versorgung nach Lockerung der o. g. Einschränkungen nicht immer gewährleistet werden, da alle medizinischen Einrichtungen in den nächsten Monaten auch die Behandlung der seit Wochen verschobenen Eingriffe unterbringen müssen. Vereinzelt kam es schon zu katastrophalen Verläufen.
Die Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden leidet ebenfalls unter der momentanen Lage. Kommen Wundpatienten zu kurz? Diese Befürchtung und Erfahrung macht auch Dr. Weise: Auch die Versorgung der chronischen Wunden stellt zurzeit eine große Herausforderung dar. Wir werden eigentlich nur konsultiert, wenn Hausarzt und häusliche Pflege nicht weiterwissen. Wenn das jetzt ausbleibt, eskaliert die eine oder andere Wunde, und wir sehen dann Katastrophen, die manchmal nur noch zu amputieren sind. Um das zu vermeiden, haben wir ja eigentlich seit Jahren an dem Thema der professionellen Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden gearbeitet.
Wundbehandlung erfordert neben fachlicher, kommunikativer und interaktiver Kompetenz auch körperlichen Einsatz und zwangsläufige Nähe. Letztere ist in Zeiten einer Pandemie ein hohes Risiko für Behandler und Patienten. Wie lösen die Experten das Problem? Was können wir daraus lernen? Anhand von sechs Fragen an fünf Wundexperten wird nachfolgend die Versorgungssituation in verschiedenen Einrichtungen vorgestellt.
Die Experten
Norbert Kolbig, Pflegerische Leitung im Wundmanagement, Universitätsklinikum Düsseldorf
Martin Motzkus, Pflegerische Leitung im Wundmanagement, Evangelisches Krankenhaus Mülheim
Anke Bültemann, Pflegerische Leitung im Wundmanagement, Wundzentrum Asklepios Klinikum Harburg
Georg Koenig, Inhaber eines ambulanten Pflegedienstes, Diedorf
Sabine Grund, Wundmanagement, Rehaklinik Bad Brambach
Inga Hoffmann-Tischner, Inhaberin eines pflegerisches Wundzentrums, Köln
Peter Kurz, Inhaber eines spezialisierten Pflegedienstes für Wundmanagement, Bad Pirawarth, Österreich
Dr. Markus Duft, Facharzt Chirurgie, Krankenhaus Göttlicher Heiland, Wien, Österreich
Dr. Ulf Benecke, Klinikleiter, Angiologie, Kantonsspital St. Gallen, Schweiz Elisabeth Kohler-von Siebenthal, MAS in Wound Care, Spitex Interlaken und Umgebung, Schweiz
Patrick Bindschedler, zert. Wundmanager, ZWM, Wundpraxis Aarau, Schweiz
Lesen Sie hier die gesamte Experten-Umfrage
>> Ein Jahr ist vergangen, auch 2021 bestimmt COVID-19 noch immer unser Leben und die Gesundsversorgung von so vielen. Wir haben erneut Experten zur aktuellen Situation befragt. Hier geht´s zur Experten-Umfrage 2021.