Wissenschaftlicher Hintergrund
Eine Studie der chinesischen Gesellschaft für Dermatologie und dem nationalen Forschungszentrum für Haut- und Immunerkrankungen an chinesischen Kliniken und Fieberzentren stellt dar, dass 71 % des befragten medizinischen Personals unter Hautschäden leidet [1]. Beschrieben werden als Hauptsymptome: brennen, jucken, stechen und Rötungen. Die meisten Betroffenen leiden unter einer Austrocknung mit Abschuppung der Haut, Papeln, Erytheme und Hautmazerationen [1].
Nach dem SARS Ausbruch 2003 in Singapur beschrieben Pflegekräfte, Ärzte und Assistenzpersonal, dass es durch das Tragen von Mund-Nasen-Schutz und Schutzbrillen, zu vermehrter Akne (51,4 %), Juckreiz im Gesicht (59,6 %) und bei 35,8 % zu einer Kontaktdermatitis mit Ausschlag gekommen sei. Besonders betroffen waren Befragte, die FFP2 oder FFP3 Schutzmasken über einen längeren Zeitpunkt getragen haben. Außerdem traten gehäuft Druckschädigungen im Bereich der Nasenflügel, des Nasenrückens, der Wangen und unter den Augenhöhlen auf [2].
Durch Schutzmaterial assoziierte Probleme
Feuchtigkeit und Reibung verursachen die größten Probleme unter der Schutzausrüstung. Das Risiko einer Hautschädigung steigt mit der Tragedauer.
Feuchtigkeit
Studien beschreiben, dass das medizinische Personal Mund-Nasen-Schutz, Atemmasken und Schutzbrillen zwischen 6 – 8 Stunden trägt. 64,5 % der Befragten gaben an, dass die Haut nass war. Zuviel Feuchtigkeit führt zu einer Hyperhydration der Haut [1]. Dabei weicht die Hornschicht auf und die Interlipidlagen werden ausgespült. So verliert die Hornschicht ihre Festigkeit und Keime können eindringen. Außerdem kommt es zu einer Verschiebung des pH-Werts auf der Hautoberfläche, so dass die Haut ihren natürlichen Säureschutzmantel einbüßt. Das Eindringen von Keimen kann eine Entzündung der oberflächlichen Hautschichten verursachen. Durch die Hyperhydration können Mazerationen, Erosionen und Ulzerationen entstehen.
Druck
Mund-Nasen-Schutz, Schutzmasken und -brillen sollen das Eindringen von Flüssigkeiten bis hin zu Aerosolen vermeiden, daher müssen sie dicht an der Haut anliegen. Dies führt vermehrt zu Reibung und Druck. Betroffen sind vor allem der Nasenrücken, die Nasenflügel, die Stirn und die Wangen.
Allergien und Unverträglichkeiten
Die verwendeten Materialien in den Schutzmaterialien können zu Unverträglichkeiten und zu Kontaktallergien führen. Neben starkem Juckreiz treten auch Erytheme auf. Viele Betroffene beklagen auch schuppende Hautareale.
Medical adhesive related Skin-Injury
Manche Schutzmasken werden zusätzlich mit einem Kleber auf der Haut des Trägers fixiert. Dies soll eine optimale Dichtigkeit der Maske garantieren. Hier besteht aber die Gefahr, dass beim Lösen der Maske, die Haut durch den Kleber irritiert bzw. verletzt wird.

Hautschutz und Hautpflege unter Mund-Nasen-Schutz, Schutzmasken und -brillen
Hautpflege
Mit einer Hautpflege kann die Haut widerstandsfähig gehalten werden. Reinigen Sie die Haut mit sanften, pH-neutralen Reinigungsmitteln. Verkürzen Sie die Reinigungsdauer mit Wasser und verwenden Sie möglichst körperwarmes und nicht zu heißes Wasser. Verwenden Sie eine Hautpflege ohne Duftstoffe und andere reizende Substanzen. Tragen Sie Hautpflegeprodukte dünn und möglichst mehrmals am Tag auf.
Während der Pausenzeiten oder patientenfreien Zeit sollten Schutzbrillen und Schutzmasken möglichst abgesetzt werden. Hierdurch wird die Haut vom Druck entlastet und die angefeuchtete Haut kann abtrocknen.
Vermeidung von Druckstellen
Wählen Sie möglichst einen Masken-Typ, der für sie den besten Tragekomfort hat. Tragen Sie nach Möglichkeit unterschiedliche Masken-Typen. Dadurch vermeiden Sie Druck und Reibung an den gleichen Hautarealen.
Wählen Sie eine Schutzbrille aus, die sich gut ihrer Gesichtskontur anpasst. Achten Sie darauf, dass die Maske nicht zu eng sitzt.
Bei mechanischer Reizung der Haut durch Reibung oder Druck verwenden Sie, z.B. auf dem Nasenrücken ein dünnes Hydrocolloid (z. B. Comfeel® Plus ) oder einen Hautschutzfilm. Hautvertiefungen durch den Zug von Gummibändern bilden sich meistens ohne Therapie selbständig zurück.
Hautschutz bei Feuchtigkeit
Um die Haut zu schützen kann bei noch intakter Haut eine Hautschutzcreme (z. B. Cavilon Langzeitschutz-Creme©, Remedy©, Coryt-Protect oder andere filmbildende Cremes dünn aufgebracht werden.
Bei nicht mehr intakter Haut im Gesichtsbereich, z. B. bei Erosionen oder Ulzerationen kann die Haut mit einem hochleistungsfähigen Hautschutz, z.B. Cavilon Advance© abgedeckt werden. Dabei ist zu beachten, dass der Hautschutzfilm vollständig abgetrocknet sein muss, bevor der Mundschutz oder die Schutzbrille wieder getragen werden kann.
Risikominimierung von Kontaktdermatitis
Achten Sie darauf, dass Masken nicht durchfeuchtet und Schutzbrillen gereinigt sind. Sobald jucken, brennen oder stechen auftritt, sollten Masken oder Schutzbrillen aus einem anderen Material getragen werden. Der direkte Hautkontakt könnte z. B. durch das Aufkleben von Hydrocolloiden oder durch das Auftragen von Hautschutzfilmen verhindert werden Aus hygienischer Sicht sollten keine Mullstreifen in Mundschutz oder Schutzbrille eingelegt werden.
Vermeiden von Hautschäden durch Klebstoffe (Medical adhesive related Skin-Injury)
Lösen Sie angeklebte Schutzmasken sehr vorsichtig. Benutzen Sie vor dem Aufkleben einen Hautschutzfilm. Dann löst sich häufig der Kleber der Maske gemeinsam mit dem Hautschutzfilm und die Haut bleibt intakt.
Zusammenfassung
Medizinisches Personal trägt während der Corona-Pandemie vermehrt Schutzmaterialien, wie Mund-Nasen-Schutz, Schutzmasken und -brillen. Dadurch werden Hautareale im Gesichtsbereich irritiert durch Reibung, Druck und Feuchtigkeit. Dies kann zu Entzündungen der Haut, zu Erosionen und Ulzerationen führen und das Tragen einer notwendigen Schutzausrüstung unmöglich machen.
Hautpflege und Hautschutz erhalten die Integrität der Haut und helfen dem medizinischen Personal, auch über einen langen Zeitraum, Schutzmasken und Schutzbrillen, sowie Mund- und Nasenschutz zu tragen. Erfahrungen aus China und Italien zeigen auf, dass das Abkleben z. B. mit Hydrocolloid-Verbänden die Haut vor Druck- und Reibung schützt.
Norbert Kolbig
Stabstelle Wundmanagement
Universitätsklinikum Düsseldorf
kolbig@med.uni-duesseldorf.de
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Literaturverzeichnis
1. Yan Y, Chen H, Chen L et al: Consensus of Chinese experts on protection of skin and mucous membrane barrier for health‐care workers fighting against coronavirus disease 2019. Dermatologic therapy. 12 march 2020. https://doi.org/10.1111/dth.13310.
2. General Office of the National Health Commission of the People's Repubulic of China, & National Administration of Traditional Chinese Medicine. Diagnosis and Treatment of Novel Coronavirus Pneumonia (5th Edition for Trial Implementation). 2020.
Associação Portuguesa de Tratamento de Feridas (APTFeridas): PRPPE GUIDELINE | COVID 19 PRevention of skin lesions caused by Personal Protective Equipment (Face masks, respirators, visors and protection glasses). WHITE PAPER. –Achtung: Anmeldung auf der Webseite erforderlich, ist aber kostenfrei–
Hautgesundheit der Mitarbeiter
Zurzeit werden viele Formulierungen (Zusammensetzungen) eingesetzt, die ohne Rückfetter hergestellt werden. Mehr zu Auslösern, Symptomen, Diagnostik und Prävention von berufsbedingten Hautschäden an den Händen lesen Sie im Kapitel "Hautgesundheit der Mitarbeiter" (Kapitel 9 aus dem Kompendium HÄNDEHYGIENE).
Sehr wichtiger Beitrag
Der Beitrag von Herr Kolbig zeigt eine relevante Problemstellung von exzessivem Gebrauch von Schutzmaterial auf. Die betroffenen Hautstellen leiden an dauerhafter Benetzung von Wasser, Schweiß oder anderen aggressiven Exkreten. Diese Tatsache wird von verschiedenen Berufsgenossenschaften seit einigen Jahren herausgestellt und fordert zu einem vernünftigen Umgang mit Schutzmaterialien auf. Weiterhin sind Folgen des unsachgemäßen Gebrauchs noch wenig erforscht. Dazu gehört die Folge der Verteilung von Keimen während und nach des Ablegens von Schutzmaterialien wie Handschuhen oder Gesichtsschutz. Auch hier werden signifikante verunreinigte Aerosolmengen freigesetzt. Tiefergehende Untersuchungen der Auswirkungen des Tragens von Schutzausrüstung durch ungeschulte Menschen sollten dringend wissenschaftlich untersucht werden.