pAVK im hohen Lebensalter: Aktualisierte S3-Leitlinie mit Geriatrie-spezifischen Empfehlungen

© iStock.com/Pornpak-Khunatorn

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Susanne Moser
 

Die aktualisierte S3-Leitlinie zur peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) ist „für die Altersmedizin ein echter Zugewinn“, freut sich die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG). Warum? Die neue Leitlinien-Version enthält erstmals das Kapitel 7 „Die pAVK in der Geriatrie“. Darin haben die Leitlinienautorinnen und -autoren Empfehlungen zusammengefasst, die auf die besondere Situation älterer Patientinnen und Patienten zugeschnitten sind. Immerhin sind in der Altersgruppe ab 80 Jahren über 20 % von einer pAVK betroffen. Wie sehen die Geriatrie-spezifischen Empfehlungen konkret aus und wie unterscheiden sie sich von jenen für jüngere Altersgruppen?


Im letzten Jahr wurde die S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der pAVK aktualisiert. Neben der federführenden Deutschen Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin hat sich die geriatrische Fachgesellschaft mit einem spezifischen Kapitel eingebracht. Mit dem Geriatrie-Schwerpunkt sollen erstmals den Besonderheiten des höheren Lebensalters wie beispielsweise der Gebrechlichkeit (Frailty) Rechnung getragen werden. Insgesamt enthält das Kapitel drei Empfehlungen, die teilweise von der Standardvorgehensweise abweichen [1,2].

1. Fußpulse auch bei Beschwerdefreiheit tasten

Die Leitlinienautorinnen und -autoren empfehlen mit einem starken Konsens, dass Fußpulse bei geriatrischen Patientinnen und Patienten grundsätzlich getastet werden sollen - auch wenn keine Symptome vorliegen. Falls die Fußpulse nicht tastbar sind, soll bei Risikopersonen die arterielle Perfusion nicht-invasiv abgeklärt werden. Mit dieser Empfehlung sollen Folgeerkrankungen wie ein Fersendekubitus bei Bettlägerigkeit verhindert werden. Außerdem kann eine unerkannte pAVK nach Fuß- oder Unterschenkeloperationen zu Wundheilungsstörungen führen [2].

Hintergrund: Bereits bei älteren (noch nicht geriatrischen) Menschen mit pAVK manifestiert sich das Claudicatio-Stadium seltener. Daher ist anzunehmen, dass asymptomatische Verläufe bei geriatrischen Personen noch häufiger sind [2].

2. Bei Frailty-Syndrom: Indikation für invasive Revaskularisation restriktiv stellen

Wenn bei geriatrischen Patientinnen und Patienten eine chronische gliedmaßenbedrohende Ischämie (CLTI) und zugleich das Frailty-Syndrom vorliegt, soll die Indikation für revaskularisierende Maßnahmen restriktiv gestellt werden. Wichtig ist es, die Invasivität des Eingriffs und das vorrangige Therapieziel der Linderung von Beschwerden gegeneinander abzuwägen. Hier handelt es sich um eine „starke Empfehlung“ (A) mit moderater Evidenz (Level of Evidence 3) [2].

Dieser Empfehlung liegen verschiedene Studien zu hochaltrigen Personen mit CTLI zugrunde. Ihre Ergebnisse deuten an, dass diese CTLI-Patientinnen und -Patienten mit zugleich fortgeschrittener Gebrechlichkeit nicht regelhaft von einer gefäßchirurgischen Intervention profitieren. Bei diesen Eingriffen haben geriatrische Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Frailty-Syndrom demnach eine allgemein schlechtere Prognose. So war bei ihnen zum Beispiel die Sterblichkeitsrate bezogen auf ein Jahr nach einer Revaskularisation erhöht. Eine andere Studie stellte fest, dass sich der funktionelle Status der Betroffenen unabhängig von der Revaskularisationsmethode nach dem Eingriff verschlechterte [1,2].

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3. Voraussetzungen für eine geriatrische Rehabilitation prüfen

Ein starker Konsens besteht auch für die Empfehlung, dass die Voraussetzungen für eine indikationsübergreifende, geriatrische (Früh)-Rehabilitation bei betagten pAVK-Patientinnen und -Patienten geprüft werden sollten, wenn sie hospitalisiert wurden oder sich einem invasiven Eingriff unterzogen hatten [2].

Die Leitlinienautorinnen und -autoren begründen diese Empfehlung mit den folgenden Argumenten [2]:

  • häufig verlängerte Genesungsphase
  • anfangs eingeschränkte Rehabilitationsfähigkeit aufgrund akutmedizinischer Komplikationen
  • Schwierigkeiten, die gewohnte Selbstständigkeit wiederzuerlangen

Eine indikationsübergreifende, geriatrische Frührehabilitation sollte in spezialisierten Einrichtungen mit der entsprechend vorhandenen Ausstattung durchgeführt werden. Voraussetzungen sind ein stabiler Kreislauf sowie eine ausreichende Belastbarkeit, um mehrmals täglich an rehabilitativen Maßnahmen teilnehmen zu können [2].

Angesichts des Beispiels der S3-Leitlinie zur pAVK stellt sich die Frage, inwieweit ein eigenes Geriatrie-Kapitel auch für andere Leitlinien sinnvoll sein könnte.

Ihre Meinung zählt: 

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Referenzen

1. Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e. V., Jetzt mit Geriatrie-Schwerpunkt: Update der S3-Leitlinie zur peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Pressemitteilung. 01.04.2025, unter: https://www.dggeriatrie.de/presse/pressemeldungen/2416-pm-jetzt-mit-geriatrie-schwerpunkt-update-der-s3-leitlinie-zur-peripheren-arteriellen-verschlusskrankheit-pavk (abgerufen: 09.05.2025)
2. S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, Registernummer 065 – 003, Version 4.3, Stand: 18.09.2024, unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/065-003 (abgerufen: 09.05.2025)

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