Veranstaltungsberichte - Pflegefachtagung zu chronischen Wunden bei der 61. Tagung der Deutschen Phlebologischen Gesellschaft in Münster

Die Arbeitsgruppe Pflege der Deutschen Phlebologischen Gesellschaft (DGP) besteht seit zwei Jahren und wird von den beiden Sprechern Anja Kuntz aus Gerlingen und Carsten Hampel-Kalthoff aus Dortmund geleitet. In diesem Jahr organisierte sie die zweite eigene Fachtagung innerhalb der Jahrestagung der DGP, in der es für die rund 50 Teilnehmer in drei Sessions um das praktische Wundmanagement ging.

Diagnosen – Herausforderungen an die Wundversorger
In der ersten Sitzung ging es um Ursachenforschung bei chronischen Wunden. Betrachtet wurden die Krankheitsbilder Livedovaskulopathie, Calciphylaxie, Necrobiosis lipoidica sowie Tumorund Virusbedingte Wunden.

Neben den rein diagnostischen Ansätzen zum Erkennen der Wundursache, treten bei den tumorbedingten Wunden andere Aspekte wie Schmerz, Geruch, Exsudation oder starke Blutungen in den Vordergrund. Zusätzlich bestimmen psychischen Belange, wie Störung des Körperbildes, Ekel und Angst den Alltag der Patienten und Angehörigen. Bei der Behandlung und Pflege sollte man sich von der Wundsituation und der Situation des Patienten leiten lassen und auch einmal zu unkonventionellen Methoden greifen, um die Wunde zu versorgen, wie Anja Kuntz und Birte Weiß aus Neumünster in ihrem Vortrag berichteten. Zu virusbedingte Wunden hört man nicht so oft Vorträge bei Fachkongressen, diese Lücke füllte der spannende Vortrag von Frau Dr. Stine Lutze aus Greifswald. Sie zeigte interessante Fallbeispiele schlecht heilender Wunden aufgrund eines Herpes zoster und empfahl, auch mal an Viren zu denken, wenn man mit der Diagnostik nicht weiter kommt.

Wundversorgung
In der zweiten Sitzung ging es um die generelle Wundversorgung. Zu innovativen Methoden in der Wundbehandlung brachte Dr. Stine Lutze die Zuhörer auf den aktuellen Stand. Sie stellte die Kombination aus Kaltplasmabehandlung und hyperspectral imaging vor. So lässt sich der Effekt der Plasmabehandlung (z. B. Mikrozirkulation, gesteigerte Zellproliferation, entzündungshemmend, verbesserte Reepithelisierung) auf die individuellen Gewebezusammensetzung (u. a. spezifischer Gehalt von Hämoglobin, Melanin, Kollagen und Wasser) darstellen und analysieren.

Eine andere Methode, die Stoßwellentherapie bewirkt eine Erhöhung der Durchblutung, wirkt antimikrobiell und lockert sklerotisches Gewebe auf. Weiterhin ging Frau Dr. Lutze kurz auf Elektrostimulation, Stammzellentherapie und Fischhaut als Hautersatz sowie die Behandlung mit Fettstammzellen ein. Anschließend ging es um das Wunddebridement. Birte Weiß und der Chirurg Dr. Lars Müller aus Neumünster erläuterten Kriterien, nach denen im Dialog Pflegekraft und Arzt ein Wunddebridement ausgewählt wird. Sie demonstrierten anhand gemeinsam betreuter Fallbeispiele, wie eine vertrauens- und respektvolle Zusammenarbeit zwischen Pflege und Arzt aussehen kann. So kann das Ziel des Debridements, die Erzeugung von Wundverhältnissen, die zusammen mit der Behebung der Wundursache, eine rasche Reparatur des bestehenden Defektes zu begünstigen, erreicht werden.

Kompression
Zur Historie des Kompressionsverbandes berichtete Bernd Assenheimer, Tübingen.
Bei der Suche nach historischen Quellen der Kompressionsbehandlung, stößt man wie häufig in der Medizin, auf skurrile Methoden. So wurde um 1908 mit einem um den Unterschenkel geschnürten Strick Kompression aufgebracht. Bereits Hippokrates soll sich über die Behandlung und „Umwickelung der Beine“ geäußert haben. Leonardo da Vinci hat sich mit dem Gefäßsystem beschäftigt. Martin Luther hat unter einem immer wiederkehrenden Ulcus sehr gelitten, in Briefen beschreibt er häufig seine Qualen.

In seinem Vortrag waren zwei Schwerpunkte aufgeführt, einmal die Beschreibung von Prof. Victor von Bruns einstmals im 19. Jhd. Ordinarius der Chirurgie in Tübingen. Prof. von Bruns hat vor der Entwicklung von elastischen Binden in seinem Lehrbuch für Wundärzte 1873 den Druckverband als Hobelspanverband beschrieben. Eine handwerklich ausgefeilte Technik einen Druckverband anzulegen.

Der zweite Schwerpunkt war die Dissertation aus der Tübinger Hautklinik von Sigurd Pütter, vorgelegt 1969 der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen. Sigurd Pütter ist der Sohn von Gustav Pütter. Dort werden verschiedene Kompressionsmethoden untersucht. Die vorgestellte Wickeltechnik wird von Prof. W. Schneider dem ehemaligen Ordinarius der Tübinger Hautklinik und dem leitenden OA Prof. H. Fischer, bereits 1967 in dem Lehrbuch „Die chronisch venöse Insuffizienz“ als Schneider/Fischer Verband beschrieben.
Diese Verbandtechnik wird in der Tübinger Universitätshautklinik bis heute gelehrt und angewendet. Den letzten Vortrag der Sitzung hielt Carsten Hampel-Kalthoff aus Dortmund) zur bewegenden Entstauung.

Ohne eine aktive oder passive Bewegung ist eine Entstauung mit Kompressionsverbänden bei Patienten mit einem Ödem nicht möglich. Die Bewegung aktiviert die Muskelvenenpumpe und erst dadurch kommt die Funktionalität / Effektivität eines Kompressionsverbands zur vollen Geltung. Der Vortrag setzte sich mit der Problematik der Schonhaltung auseinander, die Patienten beim Laufen einnehmen. Weitere Schwerpunkte im Vortrag waren das Aufzeigen von Ursachen und Problemlösungen. Anhand von Filmen wurde gezeigt, wie wichtig eine Ganganalyse bei den Patienten ist, um die richtigen Maßnahmen zur Optimierung des Gangbildes und somit der Aktivierung der Muskelvenenpumpe zu planen und umzusetzen. Es wurden Maßnahmen, wie Übungen mit einem Therapieband, die Nutzung von Hilfsmitteln oder Übungen an der Treppe zur Dehnung der Achillessehne praktisch, anhand von Filmen gezeigt.

Zum Abschluss der Fachtagung gab es noch drei Praxisworkshops in Kleingruppen zu Fragen der Kompressionstherapie und Wundheilung. Save the date: Der nächste Pflegefachtag im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie findet am 04.09.2020 in Leipzig statt.

 

Klicken Sie hier, um die Veranstaltungsberichte herunterzuladen.

 

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