Wunden in der Onkologie – eine besondere Entität

Rund 230.000 Frauen und 250.000 Männer erkrankten im Jahr 2013 neu an Krebs. Die Zahlen steigen weiter an. Dies zeigt, dass sich die Krebsneuerkrankungen seit dem Jahr 1970 verdoppelt haben.

Ein wesentlicher Faktor für den Anstieg der Erkrankungen ist die demographische Alterung der Bevölkerung, denn für die meisten Krebserkrankungen steigt die Erkrankungswahrscheinlichkeit mit dem Alter an [1]. Der Begriff „Krebs“ kennzeichnet eine heterogene Gruppe von Krankheiten, denen das unkontrollierte Zellwachstum gemeinsam ist [2]. Deutschland zählt zu den europäischen Ländern mit der höchsten Überlebensrate. Bei ungefähr 5 – 10 % aller Menschen mit einer weit fortgeschrittenen Krebserkrankung treten exulzerierende Wunden auf, die sich am ganzen Körper manifestieren können [3].

In der Onkologie kommen ebenso therapieassoziierte als auch durch die Bettlägerigkeit bei Fortschreiten der Erkrankung entstehende Wunden vor.

Exulzerierende Tumorwunden

Eine exulzerierende Tumorwunde ist als eine maligne Läsion der Haut durch einen primären Hauttumor, durch eine Hautmetastase eines anderen primären Tumors oder durch den Durchbruch eines Tumors aus tieferen Gewebeschichten definiert [4]. Besonders Tumoren, die von Drüsengeweben ausgehen, neigen zur Exulzeration. 60 % dieser Wunden sind lokalisiert im Thorax, 25 % jeweils im Kopf- und Halsbereich (s. Abb. 1). Zu den häufig exulzerierenden Tumorgruppen zählen Mamma-, Plattenepithelkarzinome, Weichteiltumore, Sarkome, Hauttumore, T-Zell-Lymphome, Lymphmetastasen, Urothel-, Analund Rektumkarzinome, sowie Tumoren der Speicheldrüsen.

Durch die Kombination aus ungehemmtem Zellwachstum und dem Zusammenbruch der tumoreigenen Blutversorgung entstehen massive Ge- webeschädigungen. Das Durchbrechen eines Tumors macht das Fortschreiten der Tumorerkrankung für einen Patienten „sichtbar“. Dadurch kommt es unweigerlich zu einer Störung des Körperbildes und -gefühls. Starke Wundexsudation und zunehmender Wundgeruch belasten den Patienten und Angehörige in besonderer Weise. Die betroffenen Menschen schämen sich häufig und das Selbstwertgefühl nimmt stark ab. Die dauerhafte Präsenz des Tumors verstärkt die Angst. Auch die Angehörigen werden mit dem Fortschreiten der Krankheit konfrontiert. Sie fühlen sich oft überfordert und ekeln sich. Häufig distanzieren sie sich immer mehr von dem Erkrankten. 

Medizinisches Personal benötigt zur Versorgung dieser Patienten eine hohe fachliche Kompetenz und eine hohe Kompensationsfähigkeit. Oftmals stößt es an an die Grenzen seiner Möglichkeiten. „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben zu geben“ (Cicely Saunders). Dieses Zitat gibt die Ziele einer palliativen Wundversorgung vor. Hier geht es nicht mehr um Abheilung der Wunde, sondern um Lebensqualität. Durch die Behandlung soll die Lebensqualität nicht noch zusätzlich beeinträchtigt werden. Ein gezieltes Assessment erfasst alle Faktoren, die für den Erhalt oder die Verbesserung der Lebensqualität notwendig sind. Zu berücksichtigen ist hier insbesondere das subjektive Empfinden des Patienten. Ein solches Assessment muss sehr einfühlsam und verstehend erfolgen. Bei der Auswahl der indizierten Wundtherapie sind Nutzen und Belastung gegeneinander abzuwägen. Der Schwerpunkt der Wundtherapie liegt auf der Linderung von Symptomen un-ter Wahrung der Würde und der Selbstbestimmung des Patienten [5].

Zur Erhaltung der Lebensqualität ist eine adäquate Schmerztherapie unerlässlich. Schmerzen empfinden Menschen unterschiedlich, daher ist auch hier ein individuelles Vorgehen erforderlich. Bereits kleinste Berührungen oder auch nur der Luftzug können äußerst schmerzhaft sein. Auch der bei einem Verbandswechsel entstehende Stress beim Patienten kann das individuelle Schmerzempfinden verstärken.

Der durch eine bakterielle Besiedlung oder durch Tumorzerfall entstehende Wundgeruch ist für den Patienten, seine Angehörigen und für das Behandlungsteam belastend. Er macht Intimität, Nähe und Sexualität unmöglich.

Oft kommt es zu einer übermäßig starken Exsudation, die zur Mazeration der Wundränder und der Umgebungshaut führt. Eine Mazeration begünstigt wiederum das Eindringen von Pilzen und Bakterien. Bei zunehmender kutaner Infiltration klagen viele Erkrankte über Pruritus (Juckreiz). Invasives Tumorwachstum führt zu einer Infiltration der Gefäße mit nachfolgenden Spontanblutungen. Meistens handelt es sich hierbei um leichte Kontaktblutungen, es können aber auch terminale Blutungen auftreten, die nicht mehr beherrschbar sind (Abb. 2 - siehe PDF). Exulzerierende Wunden stellen eine besondere Herausforderung an Patient, Angehörige und an das therapeutische Team dar. [...]

Den ganzen Artikel finden Sie hier: WM-01-2018_Wunden-in-der-Onkologie (PDF-Download 406 KB)

Autor: Norbert Kolbig

Literatur

1. Epidemiologisches Bulletin, Robert Koch Institut 2017.

2. Barnes B, Kraywinkel K: Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016. Epid Bull 2017;5:43 – 48. DOI 10.17886/EpiBull-2017-005.

3. Leitlinien der DGP Sektion Pflege, 2014. http://www.dgpalliativmedizin.de/pflege/pflegeleitlinien.html

4. Columbia Cancer Agency, Cancer report 2010, p. 9 – 10.

5. K. Protz: Grenzerfahrung exulcerierender Wunden. pflegen: palliativ Nr. 12/2011

 

Zitierhilfe:  

Kolbig, Norbert: "Wunden in der Onkologie – eine besondere Entität" In: WUNDmanagement 12. Jahrgang, 01/2018, S. 27-29, mhp Verlag, Wiesbaden

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