Nachgefragt: Was macht eine Lymphtherapeutin eigentlich?

© Dr. Anya Miller, Berlin

© Dr. Anya Miller, Berlin

Zur ärztlichen Sichtweise auf die Lymphologie haben wir Dr. Anya Miller gewinnen können. Sie ist Dermatologin und außerdem spezialisiert auf phlebologische und lymphologische Krankheitsbilder. Sie führt eine Dermatologische Praxis in Berlin und ist Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Lymphologie.


Liebe Frau Dr. Miller, bitte beschreiben Sie kurz Ihr Berufsbild und Ihre Aufgabe in Bezug auf Menschen mit chronischen Wunden.

Tja, eigentlich gibt es auf dem Papier keinen Lymphologen. Das liegt daran, dass es bis heute keine Zusatzbezeichnung Lymphologie gibt. Meistens sind es, so wie ich selbst, lymphologisch interessierte Ärzte, die gemeinsam mit Physiotherapeuten und Mitarbeitern aus Sanitätshäusern im Netzwerk Patienten versorgen. Die Behandlung umfasst neben der komplexen physikalischen Entstauung vor allem auch die persönliche Begleitung der Menschen, die unter lymphologischen Erkrankungen leiden. Die Betroffenen leiden oftmals sehr unter ihrer Erkrankung und Wunden mit sekundärem Lymphödem. Ich behandele aber nicht nur deren Wunden, sondern den ganzen Menschen. Auch die Seele hat oft Wunden, die nicht unbehandelt bleiben dürfen!

Wie kamen Sie zur Lymphologie, gab es eine Art Schlüsselerlebnis?

Meine „Initialzündung“ hatte ich als Phlebologin bei den Bonner Venentagen, als ich einen Vortrag des bekannten Professor Weissleder (Ehrenpräsident der DGL) hörte, der es durch seine Art und Weise schaffte, mich für das Thema zu begeistern. Im Vortrag haben sich bei mir viele Lücken geschlossen und mein Verständnis für das lymphatische System hat sich enorm verbessert. Heute erlebe ich es immer wieder, dass die lymphologische Behandlung einen deutlichen Schub für die Wundheilung bringt. Nachfolgend gab es einen regen Austausch, aus dem meine heutige berufliche Ausrichtung resultiert. Zu den Ulzera hatte ich schon vorher Kontakt.  Einen Satz meines früheren phlebologischen Lehrers Professor Hach werde ich nicht vergessen: „Kümmern Sie sich um die Wunden, das will sonst keiner machen!“

 

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Was fasziniert Sie besonders an der Lymphologie?

Jeder Fall ist auf seine Art besonders. Es fasziniert mich immer wieder, wenn die Sekretion nachlässt und Wunden schnell heilen. Die Patienten sind sehr belastet, wenn Wunden stark nässen und unangenehm riechen. Sie sind sehr dankbar, wenn sie merken, dass sie in erfahrenden Händen sind und sich schnell Erfolge einstellen.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, um die Situation von Menschen mit chronischen Wunden zu verbessern, welcher wäre das?

Das zentrale Drama ist, dass der besonders hohe Aufwand, den die Behandlung von Patienten mit lymphologischen Erkrankungen und chronischen Wunden für ihre Ärzte bedeutet, nicht angemessen honoriert wird. Je nach Fachrichtung stehen pro Quartal und Patient nur etwa 15–45 € zur Verfügung, das steht in keinem Verhältnis zu der erbrachten Leistung, wenn sie qualitativ hochwertig und leitliniengerecht sein soll. Wenn man aber ein Herz für Wundpatienten hat, kümmert man sich halt und kooperiert auch gerne mit anderen Berufsgruppen. Ich würde mir jedenfalls wünschen, dass diese Arbeit besser honoriert wird, damit sich mehr Menschen um die Betroffenen angemessen kümmern. Ansonsten wünsche ich mir allgemein mehr Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Dabei ist der Mensch in seiner Gesamtheit zu sehen und nicht nur seine Erkrankung.

Herzlichen Dank für die Beantwortung unserer Fragen!

 

Das Interview führte Martin Motzkus.

 

Das könnte Sie ebenfalls interessieren: "Berufsbild Lymptherapeut – Berufe rund um die Wunde Teil 3". Jetzt lesen

 

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