Der Öffentliche Gesundheitsdienst – jetzt erst recht!
Das Leitthema des diesjährigen, 68. Wissenschaftlichen Kongresses des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdiensts (BVÖGD) signalisiert Tat- und Willenskraft und in gewisser Weise auch eine Aufbruchsstimmung. „Jetzt erst recht“, so Dr. med. Ute Teichert, Vorsitzende des BVÖGD, in ihrer Begrüßungsrede an die rund 800 Kongressbesucher, bedeute auch „trotz Widerstand, widriger Umstände oder Rückschlägen kämpferisch nach vorne blicken“.
Der massive Fachkräftemangel im öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) ist ein schon seit vielen Jahren bekanntes Problem. Die Forderungen nach einer angemessenen Bezahlung der ÖGD-Ärzte nach den Tarifabschlüssen des Marburger Bundes als eine der Maßnahmen gegen den Nachwuchsmangel im ÖGD werden nicht leiser: Im Gegenteil, in Osnabrück sorgte eine Protestkundgebung mehrerer hundert Ärztinnen und Ärzte für erneute Aufmerksamkeit auf die prekäre Arbeitssituation vieler Gesundheitsämter. In den letzten 18 Jahren ging die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte im ÖGD um rund ein Drittel zurück. Über 200 Facharztstellen sind unbesetzt.
Neben berufspolitischen Akzenten ging es in Osnabrück auch um die grundsätzliche inhaltliche Ausrichtung des ÖGD. Vielen Menschen sind die Routineaufgaben in Beratung und Überwachung sowie im Krisenmanagement bekannt. Gleichzeitig ist es aber die Aufgabe des ÖGD, proaktiv zu handeln, Gefahren und Risiken frühzeitig zu erkennen, zu verhindern oder einzudämmen. Dafür muss man vorbereitet sein, sich austauschen und kontinuierlich und sorgfältig fortbilden. Frau Dr. Teichert machte deutlich, dass dies jedoch nicht nur im Rahmen von Kongressen und Fortbildungsveranstaltungen geschehen kann, sondern dass das Fach „Öffentliche Gesundheit“ unbedingt in die Approbationsordnung für Ärzte als eigenes Fach aufgenommen werden sollte.
Darüber hinaus hat der ÖGD bei aktuellen gesundheitspolitischen Themen eine wichtige Rolle und ist beispielsweise in der Steuerungsgruppe des „Zukunftsforum Public Health“ vertreten. Im Zusammenhang mit dem Präventionsgesetz soll in Deutschland die Verhältnisprävention gestärkt werden, die an den Bedingungen des Lebensumfelds und nicht am Wissen und Verhalten des Einzelnen (Verhaltensprävention) anknüpft. Für eine wirkungsvolle Umsetzung in die Praxis fehlen jedoch nach Ansicht der Mitglieder des „Zukunftsforums“ u.a. geeignete Zuständigkeitsregelungen sowie die Einbeziehung von Kriterien eines evidenzbasierten Vorgehens und die dazu erforderliche Implementierungsforschung (mehr unter http://zukunftsforum-public-health.de/).
Zusätzlich zum wissenschaftlichen Kongress, der gemeinsam mit dem Bundesverband der Zahnärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst (BZÖG) ausgerichtet wird, fanden als Ausdruck des multiprofessionellen Charakters des ÖGD wieder zahlreiche Workshops, Satelliten-Symposien und Veranstaltungen statt. Dazu gehörten die Jahrestagung der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP), Fortbildungsveranstaltungen für HygieneinspektorInnen, für sozialmedizinische AssistentInnen und für Reisemedizin.
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Foto: Verleihung der Johann-Peter-Frank-Medaille für besondere Verdienste um das öffentliche Gesundheitswesen an Dr. Johannes Donhauser (Foto Mitte) durch Dr. Ute Teichert und Dr. Thomas Menn.
Lesen Sie den gesamten Kongressbericht aus der Hygiene und Medizin 07+08/2018 hier.