Das Deutsche Tuberkulose-Archiv und Museum wurde 1996 von dem Lungenfacharzt Dr. Robert Kropp in Fulda gegründet und hat seit 2011 seinen Sitz im Rohrbacher Schlösschen auf dem Gelände der Thoraxklinik in Heidelberg. Für das Tuberkulose- Museum könnte es keinen passenderen Ort geben. Nach dem Ersten Weltkrieg diente das Schlösschen als Lazarett für tuberkulosekranke Kriegsheimkehrer, es wurde zur Keimzelle für das Tuberkulosekrankenhaus Heidelberg-Rohrbach, die heutige Thoraxklinik. Das Tuberkulose-Museum ist das einzige medizinhistorische Museum in Deutschland, das ausschließlich der Tuberkulose gewidmet ist. Es nimmt mehrere Räume des Schlösschens ein.
Die Epidemiologie der Tuberkulose ist eines der Hauptthemen im ersten Raum. Der Fokus liegt dabei auf Deutschland, aber auch globale Aspekte werden berücksichtigt. Fotografien und grafische Darstellungen aus Vergangenheit und Gegenwart zeigen die Risikofaktoren für die Entstehung einer Tuberkulose – soziale Missstände, desolate Wohnverhältnisse, Mangelernährung, HIV-Infektion und Resistenzentwicklung.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Darstellung der bahnbrechenden Entdeckungen von Robert Koch und Wilhelm Conrad Röntgen. Historische Plakate aus der Lehrsammlung des Deutschen Hygienemuseums Dresden beschreiben die Infektionswege der Tuberkulose und die charakteristischen „ersten Anzeichen“ einer Lungentuberkulose.
Alte Röntgenaufnahmen und seltene pathologisch-anatomische Präparate vermitteln die unterschiedlichen Erscheinungsformen einer Lungentuberkulose. Besonders sehenswert sind die naturgetreuen historischen Moulagen mit Beispielen von Gesichtstuberkulosen und Lymphknotentuberkulosen.Mit eindrucksvollen Exponaten ist auch die Rindertuberkulose vertreten.
Die Behandlung der Tuberkulose in der vorchemotherapeutischen Ära wird im nächsten Raum ausführlich dargestellt. Texte und Illustrationen erläutern das Prinzip und die Durchführung einer breit angewendeten Behandlungsmethode, das Anlegen eines Pneumothorax. Verschiedene Pneumothoraxgeräte und eine spezielle Kippliege veranschaulichen das Vorgehen.
Historische Röntgenbilder und Fotografien sowie spezifische Instrumente illustrieren tiefgreifende chirurgische Maßnahmen wie Thorakoplastik oder extrapleurale Pneumolyse. Zahlreiche historische Moulagen präsentieren Skelett- und Gelenktuberkulosen. Diese Tuberkuloseformen wurden nicht nur chirurgisch, sondern häufig auch in Verbindung mit der sogenannten Heliotherapie (Sonnenlichttherapie) behandelt. Beispiele aus französisch-schweizerischen Sanatorien demonstrieren verblüffende Erfolge. Herausragendes Exponat in diesem Raum ist ein neolithisches Wirbelsäulenskelett mit einer tuberkulösen Wirbelkaries, eine Dauerleihgabe des Kurpfälzischen Museums Heidelberg.
Der folgende Raum geht umfassend auf die sogenannte „Heilstättenbewegung“ ein, initiiert und vorangetrieben von Hermann Brehmer und seinem Schüler Peter Dettweiler. Speisepläne und Hausordnungen aus Sanatorien sind im Original zu sehen, alte Fotografien geben einen Eindruck von den Räumlichkeiten: Aufenthaltsräume, Speisesäle, sanitäre Einrichtungen, Patientenzimmer. Ein wandhohes Poster nach einem historischen Glasdia zeigt Patientinnen einer Heilstätte in Lebensgröße, in einer Liegehalle zur Freiluftliegekur aufgereiht. Ein Original-Liegestuhl vor dem Poster bildet den Anfang der Reihe und zieht den Blick direkt in die Szene.
In den Vitrinen finden sich typische Gegenstände des Heilstättenalltags: Spucknäpfe, darunter der legendäre „Blaue Heinrich“, oder die „Stumme Schwester“, ein Thermometer ohne Skala, das nur vom Arzt abgelesen werden konnte, um Täuschungsversuche der Patienten zu vereiteln. Medikamentenschachteln vom Ende der 1940er Jahre markieren den Beginn der chemotherapeutischen Behandlung. Weitere Themen sind Tuberkulosefürsorge, Volksaufklärung, BCG-Impfung und die Entwicklung der Antituberkulotika.
Die repräsentative Bibliothek im Erdgeschoss des Schlösschens enthält rund 1100 Monographien und ca. 100 Titel aus dem Zeitschriftenbestand des Archivs. Insgesamt verfügt das Archiv über mehr als 7000 Bände, der Schwerpunkt liegt auf der Zeit von 1850–1950. In der Bibliothek können alte Patientenakten aus verschiedenen Tuberkulosefürsorgestellen betrachtet werden, die das große Leid und die existentielle Not der Kranken in der vorchemotherapeutischen Ära deutlich machen. Schriftlich niedergelegte Interviews mit älteren Zeitzeugen, deren Leben langzeitig von der Tuberkulose geprägt wurde, können ebenfalls eingesehen werden.
Ein Besuch im Tuberkulosemuseum ist nur im Rahmen einer Führung möglich. Führungen können unter der Kontaktadresse fuehrungen@tb-archiv.de vereinbart werden. Dies gilt sowohl für einzelne Besucher wie auch für Gruppen bis zu 25 Personen. Einen guten Überblick bietet die Website des Deutschen Tuberkulose-Archivs unter www.tb-archiv.de. Dort kann man auch einen interessanten virtuellen Rundgang durch das Museum unternehmen.Einen guten Überblick bietet die Website des Deutschen Tuberkulose-Archivs unter www.tb-archiv.de. Dort kann man auch einen interessanten virtuellen Rundgang durch das Museum unternehmen.
Autorin: Oswinde Bock-Hensley
Kontakt:
Dr. Oswinde Bock-Hensley
2. Vorsitzende des Fördervereins
Birkenweg 35
69221 Dossenheim
E-Mail: oswinde.bock-hensley@tb-archiv.de
Bildquellen: Uni-Klinikum Heidelberg,TB-Museum; R. Ajtai, Heidelberg (Foto Bibliothek)
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