15. ICW-Süd / HWX-Kongress in Veitshöchheim

© Barbara Springer | Stand-Unterstützung am zweiten Tag des HWX /ICW-Süd-Kongress. Von links: Alexandra Becker, Redakteurin der Zeitschrift Hygiene und Medizin, Veronika Gerber und Mike Zielonka von der Initiative Chronische Wunden - ICW e.V.

© Barbara Springer | Stand-Unterstützung am zweiten Tag des HWX /ICW-Süd-Kongress. Von links: Alexandra Becker, Redakteurin der Zeitschrift Hygiene und Medizin, Veronika Gerber und Mike Zielonka von der Initiative Chronische Wunden - ICW e.V.

von Barbara Springer & Alexandra Becker

Der 15. ICW-Süd/HWX-Kongress fand vom 25.–27.6.2024 erneut in Veitshöchheim mit insgesamt rund 1.300 Teilnehmenden an allen drei Kongresstagen statt. Die Buchstaben HWX bedeuten in diesem Jahr:
• H steht für Hygienemanagement
• W steht für Wundversorgung
• X steht 2024 für „Neue Wege“

Neue Wege - auch gleich bei der Kongresseröffnung

Themen waren zum Beispiel „Alte Zöpfe ab – gemeinsam neue Wege gehen“, „Neue digitale Konzepte und der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Wundversorgung“, „Expertenstandard Erhaltung und Förderung der Hautintegrität“ oder „Hygienerelevante Situationen bei Verbandwechsel und Co“?

Dass hier neue Wege beschritten werden, zeigte sich bereits in der Eröffnungsveranstaltung, die in Anlehnung an Goethes „Faust“ als eine Art Theaterstück auf der Bühne gestaltet wurde und das Spannungsfeld zwischen (fehlender) Evidenz, alten Zöpfen und neuen Ideen und Wegen aufzeigte. Nachfolgend ein paar Eindrücke von der Veranstaltung.

Einblicke und Anregungen für die ambulante Pflege und die Einbindung von pflegenden Angehörigen

Robert Zimmer aus Erlangen war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2023 Fachkrankenpfleger und hat zusätzlich die ICW-Fachtherapeutenausbildung absolviert. Ehrenamtlich kümmert er sich in seinem Wohnort weiterhin um Menschen mit chronischen Wunden, die zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt Probleme haben, eine adäquate Weiterversorgung zu finden. Denn nach Diagnosestellung und kausaler Therapie werden die Patienten meist schnell entlassen, was ambulante Pflegedienste und Hausärzte vor große Herausforderungen stellt.
Laut Statistischem Bundesamt werden 2023 fünf Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig sein - ein Anstieg von 72 Prozent seit 2015. Die Zahl der ambulanten Pflegedienste ist nur um 16 Prozent auf 15.500 gestiegen, wodurch eine Versorgungslücke entsteht. Notwendige Lösungen sind die Wundversorgung durch Hausärzte, Angehörige, Patienten selbst oder ehrenamtliche Fachkräfte im Ruhestand.

Robert Zimmer zeigte anhand von drei Fallbeispielen (Dekubitus, Dünndarmfistelversorgung, arterielle Ulzera), die er mitorganisiert und begleitet hat, wie Angehörige sinnvoll eingebunden werden können. Dabei gilt es, die Grenzen der pflegenden Angehörigen zu respektieren und zu prüfen, ob eine hygienische Wundversorgung durch Laien immer gewährleistet werden kann.

Die S3-Leitlinie 

PD Dr. Andreas Schwarzkopf aus Aura (Saale) stellte die S3-Leitlinie „Lokaltherapie schwer heilender und/oder chronischer Wunden bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus oder chronisch venöser Insuffizienz“ vor. Diese Leitlinie wurde unter Mitwirkung vieler medizinischer Fachgesellschaften nach strengen wissenschaftlichen Kriterien erstellt.

Allerdings ist die Evidenz für die verschiedenen Maßnahmen oft schwach oder moderat, der Satz „Aufgrund unsicherer Evidenzlage wurde keine Empfehlung ausgesprochen" ist eine der häufigsten Aussagen in der Leitlinie. Der Nutzen für die Praxis ist daher eher begrenzt.
Eine gewisse politische Brisanz besitzt die Leitlinie derzeit, da Wundauflagen, die metabolisch, immunologisch oder pharmakologisch wirken, zukünftig nicht mehr von der GKV erstattet werden sollen.

Aktionen rund um die Wunde - Checkpoint Wunde

Am „Checkpoint Wunde“ konnten die Teilnehmer bei Thorsten Prennig aus Roth und seinen Kollegen Stationen mit Aktivitäten besuchen und auch wettkampfmäßig absolvieren. Unter anderem gab es eine vorbereitete Pflegesituation mit Fehlererkennung. Man konnte sich eine Wunde schminken oder die Druckverteilung der Füße aufzeichnen und sogar auf eine Tasse drucken lassen.

Wertschätzung als relevantes Einsatzmittel

Wie eine wertschätzende Wundversorgung aussehen kann und was die Kunst der Worte bewirken kann, darüber sprach Frau Alette Pommer aus Hildburghausen. Ihr Vortrag begann mit einem Ausspruch Buddhas: „Worte haben die Macht zu zerstören oder zu heilen. Wenn Worte wahr und gültig sind, können sie die Welt verändern!

Anhand einiger Beispiele aus ihrer Berufspraxis und persönlichen Erfahrung erläuterte sie, wie unbedacht gesprochene Worte Menschen in sensiblen (Krankheits-)Situationen stark belasten und nachhaltig beeinflussen können. Umgekehrt können mitfühlende Worte zum richtigen Zeitpunkt die Genesung positiv beeinflussen. Frau Pommer erzählte zur Verdeutlichung die bekannten Geschichte vom angeketteten Elefanten (z. B. hier nachzulesen: https://gedankenwelt.de/der-angekettete-elefant-eine-wunderschoene-geschichte/).

Diese Geschichte ähnelt der vieler Menschen, die an eine schlechte Erfahrung aus der Vergangenheit gefesselt sind. Sie versuchen etwas nie wieder, denn ihre Erinnerung an eine schlechte Vergangenheit ist stärker als die realen Chancen einer Gegenwart, in der sie alles verändern könnten.

Schimmelpilze als Mitbewohner

Im Themenbereich Hygiene sprach PD Dr. Andreas Schwarzkopf aus Aura (Saale) über Schimmelpilze als Mitbewohner. Sie sind überall zu finden, in Lebensmitteln, Baumaterialien, Luft und Staub, aber auch in Blumenerde oder Blähton. Täglich atmen wir 3.600 –7.200 Schimmelpilzsporen ein, meist ohne zu erkranken. Auch wenn es sich nicht immer um primäre Infektionserreger, wie Aspergillus und Mucor handelt, können fast alle Gattungen allergische Reaktionen auslösen. Schimmel in Wohnungen kann zudem das Immunsystem schwächen. Daher sollten in der Onkologie, auf Intensivstationen Blumentöpfe und Schimmelflecken im Bad vermieden werden und onkologische Patienten darüber aufgeklärt werden, wie sie den Kontakt mit Schimmelpilzen vermeiden können.

Infektionsprävention beim Verbandswechsel

Ines Bank aus Oberhausen, erläuterte in ihrem Vortrag, welche relevanten Handlungen beim Verbandswechsel aus infektionspräventiver Sicht besonders zu beachten sind. Schon die Auswahl der Verbandsmaterialien ist individuell und sollte den Zustand der Wunde, Schmerzlinderung, Praktikabilität, Verträglichkeit, Exudataufnahme und Haftstärke berücksichtigen. Ein Wundverband hat die Funktion, einen weiteren Keimeintrag zu verhindern und die Wundheilung zu fördern. Frau Bank betonte die Bedeutung infektionspräventiver Maßnahmen beim Verbandswechsel, einschließlich strukturierter Prozessbeobachtungen und Dokumentation, ging auf mögliche Übertragungswege (v.a. Kontaktübertragung) ein und hob die Wichtigkeit der Händedesinfektion und des korrekten Umgangs mit Verbandsmaterial hervor.

Save the Date 2025
Der nächste ICW-Süd / HWX-Kongress findet vom 24.–26. Juni 2025 wieder in Veitshöcheim statt.

Einen erweiterten Kongressbericht lesen Sie in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift WUNDmanagement.

 

 

 

Hinweis auf das nächste WUNDwebinar zum Thema periphere arterielle Verschlusskrankheit sowie das Diabetische Fußsyndrom mit Prof.Dr. Knut Kröger am 19.September 2024 

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