Geplante CMR-Klassifizierung von Ethanol: Fachgesellschaften schlagen Alarm

© ChatGPT | OpenAI

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Gunthild Schulte-Hoppe

Die Europäische Chemikalien Agentur (ECHA) prüft derzeit im Rahmen der Wirkstoffbewertung für Biozide, Ethanol mit einer CMR-Klassifizierung der Kategorie 1 zu versehen. CMR steht für kanzerogen, mutagen und reproduktionstoxisch und die Kategorie 1 würde bedeuten, dass eine Alternative für diesen Wirkstoff gefunden werden soll. Dies hätte massive Verwendungsbeschränkungen zur Folge – z. B. bei Händedesinfektionsmitteln.

 

Hintergrund

Die Beurteilung beruht auf der Tatsache, dass Ethanol in alkoholischen Getränken diese Eigenschaften (kanzerogen, mutagen und reproduktionstoxisch) aufweist. Dabei wird jedoch nicht beachtet, dass Ethanol als Biozid-Wirkstoff bestimmungsgemäß weder als Hände- noch als Flächendesinfektionsmittel oral aufgenommen wird.

In Deutschland sind alkoholische Händedesinfektionsmittel seit den 1950er Jahren in Verwendung. Sie haben sich weltweit durchgesetzt und sind heute selbst in muslimischen Ländern Standard Fast 30 internationale Fachgesellschaften einschließlich der WHO haben bereits 2024 in einem dringenden Appell dazu aufgerufen, Ethanol ohne CMR-Klassifizierung als Biozidwirkstoff zuzulassen.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Allgemeine und Krankenhaus-Hygiene e. V. (DGKH) hält Ethanol in Händedesinfektionsmitteln für unverzichtbar und hat eine Stellungnahme zur beabsichtigten Einstufung des Wirkstoff Ethanol als karzinogen, mutagen, reproduktionstoxisch durch die EU/ECHA verfasst, der unter anderem in der Zeitschrift Hygiene & Medizin veröffentlicht wurde. Darin heißt es unter anderem:

„Ethanol wird neben 1- und 2-Propanol als Wirkstoff darin eingesetzt. Weiterhin wird Ethanol von der WHO zu den unverzichtbaren Arzneimitteln gezählt. Dies liegt auch daran, dass Ethanol gegen bestimmte Viren – z. B. Adenoviren, Poliovirus, humane Enteroviren, Echoviren und verschiedene Coxsackieviren – stärker wirksam ist als die Propanole wie in der Literatur beschrieben.“

Zahlreiche Experten und Fachgesellschaften warnen vor dem möglichen Wegfall von Ethanol

Dr. Jürgen Gebel, Leiter der Abteilung für Desinfektionsmittel-Testung am Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit, Universitätsklinikum Bonn sowie Geschäftsstellen-Leiter des Verbundes für Angewandte Hygiene (VAH) und Schriftleiter der Zeitschrift Hygiene & Medizin adressierte das Problem mehrfach und schrieb dazu in einem Editorial vom Dezember 2024:

„Es ist wichtig, im Krisenfall auch ausreichend Desinfektionsmittel zur Verfügung zu haben. Daher ist es nicht nachvollziehbar, dass der in der Pandemie von so vielen verschiedenen Betrieben bereitgestellte Wirkstoff Ethanol für die Händedesinfektion, aber auch die Desinfektion von Flächen und Medizinprodukten vielleicht in Zukunft nicht mehr verfügbar ist. …. Es muss betont werden, dass Ethanol derzeit der einzige alkoholische Wirkstoff in Händedesinfektionsmitteln ist, der eine Wirksamkeit gegenüber Enteroviren, wie z. B. dem Poliovirus, aufweist.”

Der VAH ist wie andere Fachgesellschaften und Organisationen momentan extrem aktiv, um diese Klassifizierung abzuwenden und wird sich daher zusammen mit anderen Akteurinnen und Akteuren weiterhin bei den zuständigen Institutionen und Ministerien dafür einsetzen, dass diesem Einstufungsvorschlag auf EU-Kommissionsebene NICHT zugestimmt wird. Dies wurde auch in einem offenen Brief an die Biozid-Produktkomitee und die Europäische Kommission kommuniziert.


ECHA startet öffentliche Konsultation zu Ethanol

Die Europäische Chemikalienagentur ECHA hat eine öffentliche Konsultation bis zum 28. April gestartet. Einzelpersonen oder Organisationen/Institutionen können hier zu den „potential candidates of substitution für Ethanol als Biozid-Wirkstoff in einem Online-Formular Stellung nehmen und Argumente für die Unverzichtbarkeit für Ethanol vorbringen.

Hier geht es zum entsprechenden Formular.

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