von Susanne Moser
Zweimal Neuigkeiten aus der Kaltplasma-Forschung
Neben diesem regulatorischen Fortschritt ging es auch mit der Erforschung der Kaltplasmatechnologie weiter. Eine wissenschaftliche Protagonistin auf diesem Gebiet ist hierzulande die Ruhruniversität Bochum, wie zwei rezente Veröffentlichungen unterstreichen.
1. Belege für den Wirkmechanismus beim Diabetischen Fußsyndrom (DFS)
Es ist bereits belegt, dass Kaltplasma die Wundheilung bei oberflächlichen, chronisch infizierten diabetischen Fußulzera beschleunigen kann. Jetzt fanden Forschende aus Bochum Anhaltspunkte für den zugrundeliegenden Wirkmechanismus. In einer prospektiven randomisierten patientenverblindeten klinischen Studie wurde 14 Tage lang das Wundsekret aus diabetischen Fußulzera mit und ohne Kaltplasmaexposition untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die Spiegel der Wachstumsfaktoren FGF-2 und VEGF-A sowie der Entzündungsmediatoren Interleukin-1α, Interleukin-8 und Tumornekrosefaktor-α im Wundsekret der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe erhöht waren. Diese Ergebnisse belegen erstmals, dass das Kaltplasma auch bei Menschen mit Diabetes die Sekretion bestimmter Wachstumsfaktoren stimulieren kann. Bislang hatte man diesen Effekt nur in vitro oder im Tiermodell beobachtet [1].
2. Erster Resistenzmechanismus gegen Kaltplasma entdeckt
Mit Kaltplasma lässt sich auch resistenten Krankheitserregern in Wunden beikommen, da das Kaltplasma zum Beispiel bakterielle Proteine denaturieren kann. Forschende aus Bochum konnten jedoch nachweisen, dass manche Bakterien sich in vitro zumindest eine Minute lang gegen das zerstörerische Plasma wehren können. Nach drei Minuten unter Kaltplasmaeinfluss wurden indes auch sie dann inaktiviert. Diese wehrhaften Mikroorganismen können unter Plasmaexposition das Hitzeschockprotein 33 (Hsp33) überproduzieren, das an Proteine binden und sie so vor einer Denaturierung (Verklumpung) schützen kann. Allerdings hält das Hsp33 nicht ewig der Plasmawirkung stand und wird nach einer Stunde vollständig abgebaut. Man fand zudem heraus, welche Plasmakomponenten die bakterielle Hsp33-Produktion aktivieren. Es sind vor allem verschiedene Sauerstoffspezies: Superoxid (oder Hyperoxid: Anionen mit O2−), Singulett-Sauerstoff (1O2) und atomarer Sauerstoff (O) [2].
Wie wird es 2024 mit dem Kaltplasma in der Wundversorgung weitergehen? Vielleicht bringt das neue Jahr die eine oder andere wissenschaftliche Erkenntnis. Ob die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten der Plasmabehandlung erstatten, wird höchstwahrscheinlich noch nicht entschieden.
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Lesetipps
- Mehr zu den Hintergründen und Anfängen dieses Erprobungsverfahrens im Beitrag „Neuer G-BA-Beschluss: Gibt es Kaltplasma-Wundversorgung bald als Kassenleistung?“
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Quellen:
- Hiller J et al.: Enhanced growth factor expression in chronic diabetic wounds treated by cold atmospheric plasma. Diabet Med 2022 Jun;39(6):e14787, unter: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/dme.14787 (zuletzt abgerufen am 02.01.2024)
- Dirks T et al.: The cold atmospheric pressure plasma-generated species superoxide, singlet oxygen and atomic oxygen activate the molecular chaperone Hsp33. J R Soc Interface. 2023 Oct;20(207):20230300. unter: https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsif.2023.0300 (zuletzt abgerufen am 02.01.2024)

