von Susanne Moser
Im Juli 2021 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Erprobungsverfahren nach § 137e Absatz 7 SGB V zur Kaltplasma-Anwendung in der Wundversorgung eingeleitet, an dessen Ende möglicherweise deren Erstattungsfähigkeit stehen könnte [1]. Anfang 2022 wurde die erste deutsche Leitlinie zur Kaltplasmatherapie veröffentlicht [2]. Seither ist es scheinbar ruhig um das Thema geworden. Aber nur scheinbar, denn es hat sich zwischenzeitlich einiges getan – in der Wissenschaft und sogar beim G-BA, der nicht unbedingt für Schnelligkeit bekannt ist.
Nach über drei Jahren Beratungszeit wurde im Februar 2022 die S2k-Leitlinie zur Kaltplasmabehandlung veröffentlicht. Sie empfiehlt, diese Methode als „Kann“-Option bei chronischen und infizierten Wunden sowie bei bestimmten Formen von offenen Tumormetastasen [2]. Diese Leitlinienempfehlungen sind zwar wichtig für die klinische Praxis. Allerdings werden die Kosten für die Anwendung von Kaltplasma in der Wundversorgung nach wie vor nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet und müssen von den Betroffenen aus eigener Tasche bezahlt werden. Vielleicht ändert sich diese Situation mittelfristig? Denn seit Juli 2021 läuft beim G-BA das langwierige Erprobungsverfahren nach § 137e Absatz 7 SGB V [1,5,6].
2023: Es tut sich etwas beim G-BA
Im letzten Jahr hat das G-BA-Erprobungsverfahren zwei große Schritte gemacht:
1. Im Februar 2023: Beschluss zur Erprobungsrichtlinie
Bei der Erprobungsrichtlinie handelt es sich um eine Art Studienprotokoll, das das Design und die Durchführung einer klinischen Studie zum Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit einer neuen Behandlungsmethode detailliert beschreibt. Mit Blick auf die Erprobungsstudie zur Kaltplasmabehandlung bei chronischen Wunden legt die vom G-BA beschlossene Richtlinie unter anderem diese Parameter fest [7]:
- Patientenpopulation: In die multizentrische, randomisierte kontrollierte Beobachtungsstudie können die folgenden Personen eingeschlossen werden: Menschen „[…] mit chronischen Wunden der Haut ohne Heilungstendenz unter Standard-Wundversorgung, die primär weiter konservativ mit dem Ziel des vollständigen Wundverschlusses behandelt werden sollen […]“.
- Vergleich: Diese Studie soll die Kaltplasmabehandlung mit einer „[…] leitliniengerechten Standard-Wundbehandlung […]“ vergleichen. Dabei soll die Kontrollgruppe zusätzlich mit einem „Scheingerät“ behandelt werden (Doppelverblindung).
- Primärer Endpunkt ist der „[…] Wundheilungserfolg (im Sinne einer vollständigen Wundheilung) […]“.
- Die Beobachtungsdauer beträgt pro Studienteilnehmenden mindestens sechs Monate.
2. Im September 2023: Hersteller finanzieren wissenschaftliche Studienbegleitung
Die Verfahrensregelungen zum § 137e Absatz 7 SGB V sehen vor, dass entweder der G-BA ein „[…] unabhängiges wissenschaftliches Institut […]“ mit der Erprobungsstudie beauftragt oder dass […] „beteiligte Medizinproduktehersteller oder Unternehmen, die als Anbieter der zu erprobenden Methode ein wirtschaftliches Interesse an einer Erbringung zulasten der Krankenkassen haben“ […] die Studie auf eigene Kosten durchführen [5,6]. Im September 2023 gab der G-BA bekannt, dass sich drei deutsche Hersteller von Kaltplasmatechnologien zusammengeschlossen haben, um selbst ein wissenschaftliches Institut auf eigene Kosten zu beauftragen [4].
Fazit: Es geht also voran beim G-BA, auch wenn es nach dem Ende der Erprobungsstudie noch mindestens weitere 12 Monate dauert, bis die Bewertung der Ergebnisse abgeschlossen ist [5,6].
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Lesetipps
- Mehr zu den Hintergründen und Anfängen dieses Erprobungsverfahrens im Beitrag „Neuer G-BA-Beschluss: Gibt es Kaltplasma-Wundversorgung bald als Kassenleistung?“
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Quellen:
- Gemeinsamer Bundesausschuss: Beschluss über einen Antrag auf Erprobung gemäß § 137e Absatz 7 SGB V: Kaltplasmabehandlung bei chronischen Wunden. 15 Juli 2021. unter: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-4939/2021-07-15_Antrag-Kaltplasma-chron-Wunden.pdf (zuletzt abgerufen am 02.01.2024)
- Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG): Rationaler therapeutischer Einsatz von kaltem physikalischem Plasma. AWMF-Register-Nr.: 007 – 107. Version 1.0 vom 23. Februar 2022. unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/053-054.html (azuletzt bgerufen am 02.01.2024)
- Dirks T et al.: The cold atmospheric pressure plasma-generated species superoxide, singlet oxygen and atomic oxygen activate the molecular chaperone Hsp33. J R Soc Interface. 2023 Oct;20(207):20230300. unter: https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsif.2023.0300 (zuletzt abgerufen am 02.01.2024)
- Gemeinsamer Bundesausschuss: Erprobungsstudie Kaltplasmabehandlung bei chronischen Wunden: Herstellerkonsortium finanziert wissenschaftliche Studienbegleitung. Pressemitteilung 25.09.2023, unter: https://www.g-ba.de/service/fachnews/87/ (zuletzt abgerufen am 02.01.2024)
- Gemeinsamer Bundesausschuss: Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Stand: Oktober 2020. unter: https://www.g-ba.de/downloads/17-98-4117/2020-10-13_G-BA_Grafik-Erprobung_bf.pdf (zuletzt abgerufen am 02.01.2024)
- Gemeinsamer Bundesausschuss: Genereller Verfahrensablauf. 15.04.2013. unter: https://www.g-ba.de/downloads/17-98-3450/3_2013-04-15_Erprobungsregelung_Verfahrensablauf_Pfenning.pdf (zuletzt abgerufen am 02.01.2024)
- Gemeinsamer Bundesausschuss: Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Richtlinie zur Erprobung gemäß § 137e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch: Kaltplasmabehandlung bei chronischen Wunden. 16.02.2023, unter: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-5889/2023-02-16_Erp-RL_Kaltplasmabehandlung-bei-chronischen-Wunden_BAnz.pdf (zuletzt abgerufen am 02.01.2024)

