Medizinische (Wund-)Versorgung findet nicht nur an Land, sondern auch in der Seefahrt auf dem Meer statt. Ich hatte über den Jahreswechsel die Gelegenheit, an Bord des deutschen Forschungsschiffes FS SONNE mit dem Bordarzt, Dr. med. Andreas Mengel über seinen medizinischen Alltag und seine Aufgaben zu sprechen.
FS SONNE gehört zu den großen deutschen Forschungsschiffen, die einen Arzt an Bord haben müssen. Um als Schiffsarzt mitfahren zu dürfen, benötigt man eine allgemeine medizinische und notfallmedizinische Ausbildung. Von Vorteil ist zusätzlich eine chirurgische Zusatzausbildung, da an Bord zum Teil mit schwerem Gerät hantiert wird und entsprechende Verletzungen vorkommen können, die chirurgisch behandelt werden müssen. Auch zahnheilkundliche Kenntnisse sind sinnvoll, da auch Zahnprobleme auftreten können.
Die Aufgaben des Arztes sind vielfältig. Er oder Sie kümmert sich in erster Linie um die medizinische Grundversorgung sowie die Schulung der Mannschaft und der Wissenschaftler und führt auch kleinere Operationen durch. Dazu gibt es neben dem Untersuchungsraum ein modern eingerichtetes Hospital. Die Ausrüstung ist für fast alle medizinischen Fälle ausgestattet, um zumindest eine gesicherte Grundversorgung bis zur Abgabe des Patienten zu gewährleisten. In der Regel können die Patienten jedoch an Bord entsprechend versorgt und geheilt werden.
Falls jedoch jemand einmal ernsthaft krank wird oder sich schwerwiegender verletzt, entscheidet der Arzt auch darüber, ob das Schiff schnell den nächsten Hafen anlaufen muss. Denn da die SONNE oft in den Weiten des pazifischen oder indischen Ozeans unterwegs ist, ist eine Abholung per Seilwinde und das Ausfliegen vom Patienten durch einen angeforderten Hubschrauber erst möglich, wenn das Schiff in die Reichweite des Hubschraubers kommt.
Ich möchte mehr über den Alltag des Bordarztes wissen und nutze eine Gelegenheit zu einem Kurzinterview mit Andreas (an Bord ist man im Prinzip mit allen per Du).
Welche Arten von medizinischen Problemen und Krankheiten kommen auf einem Forschungsschiff vor?
Dr. Mengel: Viele Wissenschaftler und Studenten, die zum ersten Mal an Bord kommen, haben nach dem Auslaufen des Schiffes aus dem ruhigen Hafen mit Seekrankheit zu kämpfen und erhalten von mir entsprechende Medikamente. Meistens haben sich aber alle nach 2-3 Tagen an die Bewegungen gewöhnt, aber manchmal dauert es eben auch länger.
Durch die Schiffsbewegungen und das Hantieren mit zum Teil schwerem Forschungs- oder Ausrüstungsgerät kommt es auch zu traumatologischen Verletzungen aufgrund von Stürzen (nasses Deck, starkes Rollen des Schiffes) oder Schnittverletzungen, die ich entsprechend versorgen muss. Knochenbrüche sind zum Glück selten.
Aber auch Erkältungen sind oft an der Tagesordnung, da der ständige Wechsel zwischen dem Aufenthalt draußen an Deck und dem klimatisierten Schiff die Atemwege belastet.
Da die SONNE oft in tropischen Gewässern unterwegs ist, muss man auch auf ausreichend Sonnenschutz achten, um keinen Sonnenbrand oder Hitzschlag zu bekommen. Generell muss sich die Haut an die Klimabedingungen auf See gewöhnen und das lange Tragen von Arbeitsschuhen führt auch zuweilen zu Fußpilzinfektionen.
Hast Du neben der medizinischen Betreuung auch noch andere Aufgaben?
Dr. Mengel: Ja, ich bin zusammen mit dem ersten Koch für die Lagerhaltung von Proviant, dessen Mengenkontrolle und Rechnungswesen zuständig. Weiterhin kümmere ich mich um die Verpflegungsabrechnung für die Wissenschaftler sowie für die Besatzung und verwalte natürlich meine Medikamentenapotheke.
Wie lange bist Du schon auf dem Schiff und was fasziniert Dich an der Tätigkeit als Bordarzt besonders?
Dr. Mengel: Ich fahre seit Ende Oktober 2024 hier auf SONNE. Tja, was fasziniert mich? Ich wollte vor allem einmal den Arbeitsplatz wechseln und meinen sprichwörtlichen Horizont erweitern und andere Bedingungen kennenlernen. Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß, die Gemeinschaft hier ist sehr inspirierend und ich fühle mich sehr wohl an Bord.
Vielen Dank für Deine Zeit und die Einblicke!
FS SONNE am 10.01.2025
Das Interview wurde von Barbara Springer geführt.