Frage:
Wann müssen die Tastaturen der PCs (in einer Arztpraxis) desinfiziert werden und womit? Ist die Desinfektion einmal täglich ausreichend? Wenn dies der Fall ist, würde ich gerne wissen, warum dies ausreicht und warum man nicht nach jeder Benutzung desinfizieren sollte (ähnlich wie bei der Händedesinfektion, die nach jedem Patientenkontakt selbstverständlich ist)? Welche Vorgehensweise würden Sie empfehlen?*
Antwort:
Jede Form von Bedienfläche wird durch die Hände des Bedieners zwangsläufig zumindest transient bakteriell und viral kontaminiert. Dies gilt in besonderer Weise für Tastatur und Maus, die im Fall der Tastatur eine komplexe Oberfläche besitzen und die generell aus Gründen der Ergonomie häufig eine raue Oberfläche aufweisen. Neben Staub können sich Zelldetritus und Fett aus Haut oder Hautpflegeprodukten ablagern. Betroffen sind auch andere Formen von Eingabegeräten wie Trackballs oder Touchscreens [1–8].
Relevant wird diese Kontamination jedoch nur, wenn potenziell pathogene Erreger in infektiöser Dosis von diesen Oberflächen auf die Hände des Anwenders und von dort auf Patienten verschleppt werden. Grundsätzlich ist es sinnvoll, eine Risikobewertung durch- zuführen, in welchem Maß das betreffende Gerät eine Rolle bei der Übertragung von Krankheitserregern spielen kann und wie ausgeprägt die Infektionsdisposition der Patienten in der Umgebung dieser Geräte ist [9]. Bei optimal durchgeführter hygienischer Händedesinfektion kann von einer nahezu vollständigen Inaktivierung der transienten Hautflora ausgegangen werden.
Die Händedesinfektion unmittelbar nach Patientenkontakt stellt auch immer eine Händedesinfektion vor Bedienung des Computers dar. Werden Schutzhandschuhe zur Vermeidung einer Kontamination der Hände verwendet, müssen diese vor Bedienung des Computers ausgezogen und die Hände desinfiziert werden. Das bedeutet, dass „eigentlich“ keine Tastatur kontaminiert sein dürfte. Im Alltag ist eine optimale Umsetzung der Händehygiene aufgrund einer Vielzahl von Faktoren nicht immer gegeben [10–12]. Gerade um die Kontamination häufiger Handkontaktflächen bzw. des patientennahen Umfelds zu vermeiden, muss eine Verbesserung der Compliance erreicht werden. Eine routinemäßige desinfizierende Reinigung von Tastaturen, die im klinischen bzw. medizinischen Umfeld eingesetzt werden, ist a priori als Teil eines Multibarriere-Managements im Sinne der Infektionsprävention sinnvoll.
Abhängig von der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung des Rechners kann es sich um ein Medizinprodukt handeln. In diesen Fällen muss der Hersteller Informationen bereitstellen, die eine sichere Anwendung des Produkts ermöglichen. Diese Informationen müssen auch Angaben zur Aufbereitung enthalten. Herkömmliche Tastaturen können aufgrund ihres komplexen Aufbaus oft nicht zuverlässig desinfiziert werden. Darüber hinaus können durch das Eindringen von Flüssigkeit Schäden an den Geräten verursacht werden. Im Handel sind mittlerweile viele verschiedene abwasch- und desinfizierbarer Tastaturen mit und ohne in- tegrierte Touchpads sowie wasserdichte PC-Mäuse, die einer Wisch- oder Tauchdesinfektion unterzogen werden können, erhältlich, deren Einsatz in Risikobereichen (z.B. OP, Intensivstation, etc.) empfohlen werden kann. Einige Tastaturmodelle besitzen eine vollflächig glatte Oberfläche. Dies kann die Zeit, die für eine desinfizierende Reinigung notwendig ist, erheblich reduzieren. Desweiteren gibt es desinfizier- und teilweise auch dampfsterilisierbare Tastaturhüllen für bestehende Systeme. Wichtig beim Auswahlprozess des passenden Modells ist, dass auf die Angaben der Hersteller zur Desinfektionsmittelauswahl geachtet wird.
Dabei soll es sich um Flächendesinfektionsmittel handeln, deren Wirksamkeit durch ein VAH-Zertifikat bzw. eine VAH-Listung bestätigt ist. Auch soll das Produkt zumindest begrenzt viruzid sein. In Abhängigkeit von der epidemiologischen Situation (z.B. Noro- oder Rotavirus-Infektionen) kann es notwendig sein, ggf. zeitlich begrenzt ein Produkt mit dem Wirkspektrum begrenzt viruzid plus oder viruzid zu verwenden [4]. Befindet sich die Tastatur (das Gleiche gilt für Zubehörgeräte wie Computermaus) in unmittelbarer Umgebung eines infektionsgefährdeten Patienten oder in einem Risikobereich (OP), dann sollte die Desinfektion arbeitstäglich durchgeführt werden [13]. Eine intermittierende Bestrahlung von Computer-Eingabegeräten mit ultraviolettem Licht kann in Abhängigkeit von den gewählten Bestrahlungszyklen zwar die arbeitstägliche Wischdesinfektion ersetzen und zu einer erheblichen Reduktion der mikrobiellen Belastung von Tastaturen führen [14], allerdings steht dem ein relativ hoher technischer Aufwand und die weiterhin bestehende Notwenigkeit zur Reinigung in regelmäßigen Abständen gegenüber. In jedem Falle aber bleibt festzuhalten, dass die Desinfektion der Tastatur eine flankierende Maßnahme der Infektionsprävention ist, die eine konsequente Händehygiene allenfalls ergänzt.
Literatur
1. Hartmann B, Benson M, Junger A et al. Computer keyboard and mouse as a reservoir of pathogens in an intensive care unit. J Clin Monit Comput 2004;18(1):7–12.
2. Fukada T, Iwakiri H, Ozaki M. Anaesthe- tists‘ role in computer keyboard contamination in an operating room. J Hosp Infect 2008;70(2):148–153.
3. Dumford DM 3rd, Neradzic MM, Eck- stein BC, Donskey CJ. What is on that keyboard? Detecting hidden environ- mental reservoirs of Clostridium difficile during an outbreak associated with North American pulsed-field gel electrophoresis type 1 strains. Am J Infect Control 2009. 37(1):15–19.
4. Clay S, Maherchandani S, Malik YS, Goyal SM. Survival on uncommon fomites of fe- line calicivirus, a surrogate of norovirus- es. Am J Infect Control 2006;34(1):41–43.
5. Hospital computer keyboards and keyboard covers harbor potentially harmful bacteria. Hosp Health Netw 2005;79(5):81–82. 6. Engelhart S, Fischnaller E, Simon A, Ge- bel J, Büttgen S, Exner M. Microbial con- tamination of computer user interfaces (keyboard, mouse) in a tertiary care centre under conditions of practice. HygMed 2008;33(12):456–459.
7. Wilson AP, Ostro P, Magnussen M, Cooper B, Keyboard Study Group. Laboratory and in-use assessment of methicillin-resistant Staphylococcus aureus contamination of ergonomic computer keyboards for ward use. Am J Infect Control 2008;36(10):e19– 25.
8. Koscova J, Hurnikova Z, Pistl J, Degree of Bacterial Contamination of Mobile Phone and Computer Keyboard Surfaces and Ef- ficacy of Disinfection with Chlorhexidine Digluconate and Triclosan to Its Reduction. Int J Environ Res Public Health 2018; 15(10).
9. Robert Koch-Institut, Was ist beim Einsatz von Personal Computern (PC) und Notebooks im Bereich der Patientenversorgung in Einrichtungen des Gesundheitswesens zu berücksichtigen?
10. Boyce JM, D. Pittet D. Guideline for Hand Hygiene in Health-Care Settings: recom- mendations of the Healthcare Infection Control Practices Advisory Committee and the HICPAC/SHEA/APIC/IDSA Hand Hygiene Task Force. Infect Control Hosp Epidemiol 2002;23(12 Suppl):S3–40.
11. Wilson AP, Hayman S, Folan P et al. Computer keyboards and the spread of MRSA. J Hosp Infect 2006;62(3):390–392.
12. Rutala WA, White MS, Gergen MF, Weber DJ. Bacterial contamination of keyboards: efficacy and functional impact of disin- fectants. Infect Control Hosp Epidemiol 2006;27(4):372–377.
13. Kramer A, Schwebke I, Kampf G. How long do nosocomial pathogens persist on inanimate surfaces? A systematic review. BMC Infect Dis 2006;6:130.
14. Gostine A, Gostine D, Donohue C, Carlstrom L. Evaluating the effectiveness of ultraviolet-C lamps for reducing keyboard contamination in the intensive care unit: A longitudinal analysis. Am J Infect Con- trol 2016;44(10):1089–1094.
* Diese Frage an die Desinfektionsmittel-Kommission des VAH wurde von Dr. med.Johannes Tatzel und Prof. Dr. Peter Heeg, Mitglied der Desinfektionsmittel-Kommission im VAH, beantwortet. Die Antworten geben die Expertenmeinung der Autoren, jedoch nicht notwendigerweise den Konsens der Kommission wieder. Vollständig überarbeitet mit Stand Mai 2019. Erstveröffentlichung: Heeg P, Christiansen C. HygMed 2012; (37)3: 98–99