Mitteilung der Desinfektionsmittel-Kommission im VAH, Stand 13.12.2021
In ihrer Mitteilung vom April 2021 hat die Desinfektionsmittel-Kommission im VAH zur Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegenüber neuen besorgniserregenden Coronavirus-Varianten Stellung genommen [1]. Es kam die Frage auf, ob neue Varianten, die eine erhöhte Übertragbarkeit aufwiesen, und bei denen der Impfschutz reduziert ist, möglicherweise auch eine erhöhte Resistenz gegenüber Desinfektionsmittel aufweisen.
Veränderungen des Spike-Proteins bei besorgniserregenden Virusvarianten in Deutschland
Zu den besorgniserregenden Virusvarianten (variants of concern; VOC) gehören z.B. B.1.1.7 (Alpha), B.1.351 (Beta), P.1 (Gamma) und B.1.617.2 (Delta). Zum jetzigen Zeitpunkt werden in Deutschland, wie auch im europäischen Ausland, immer noch fast alle Infektionen durch die Delta-Variante verursacht [2]. Alle genannten Varianten verfügen über Veränderungen des Spike-Proteins. Dieses Spike-Protein bindet an einen Rezeptor (ACE2) auf der Oberfläche der Zellen. Das Virus kann dann sein Erbgut in die Zellen einschleusen. Antikörper helfen, die Bindung des Spike-Proteins an die Zelle zu verhindern und neutralisieren so das Virus. Auch die neu entdeckte Omikron-Variante hat zahlreiche Veränderungen am Spike-Protein. Durch diese Veränderungen ist auch der Schutz durch neutralisierende Antikörper vermindert [3]. Die Omikron-Variante weist damit nach neuesten Erkenntnissen auf einen deutlich verminderten Impfschutz hin [3, 4]. Über die Schwere der Krankheitsverläufe und die Übertragbarkeit kann derzeit noch keine endgültige Aussage getroffen werden. Es deutet sich jedoch eine gegenüber Delta-Variante erhöhte Übertragbarkeitsrate auch in Europa an [5–7].
Desinfektionsmittel wirken auf die Lipidhülle von SARS-CoV-2
Die Wirkung von chemischen Desinfektionsverfahren auf behüllte Viren basiert vor allem auf der Zerstörung der Lipidhülle. SARS-CoV-2 weist eine solche Lipidhülle auf und ist deshalb gegenüber Desinfektionsmittel deutlich weniger stabil als unbehüllte Viren (z.B. Noroviren). Das Virus kann daher bereits mit Verfahren ausreichend inaktiviert werden, für die das Wirkspektrum „begrenzt viruzid“ bestätigt und zertifiziert wurde.
Untersuchungen zur Stabilität des Virus auf verschiedenen Flächen sind bereits zu Anfang der Pandemie erfolgt [z.B. 8]. Die Überlebensfähigkeit beträgt demnach abhängig von Flächentyp und Umgebungsfaktoren wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit mehrere Stunden bis Tage [8]. Auch die Kontamination von patientennahen Flächen durch SARS-CoV-2 wurde untersucht. Diese Studien haben jedoch zumeist nur eine eingeschränkte Aussagekraft, denn sie basieren auf Daten aus genetischem Virus-Material, das mit Hilfe eines PCR-Tests nachgewiesen wird, nicht auf dem Nachweis infektiöser Viruspartikel. Das Risiko einer Übertragung von SARS-CoV-2 über die Fläche wird in Abwägung aller vorhandenen Studien von Experten allgemein als gering eingeschätzt [9].
Weitergehende aktuelle Untersuchungen haben bestätigt, dass die besorgniserregenden Varianten hinsichtlich der Überlebensfähigkeit auf verschiedenen Flächen und hinsichtlich des © Verbund für Angewandte Hygiene e.V., Desinfektionsmittel-Kommission, 13. Dezember 2021 2 Inaktivierungspotenzials durch Desinfektionsmittel ein sehr ähnliches Profil zeigen wie das zu Anfang der Pandemie aufgetretene SARS-CoV-2 [10].
Es gilt somit weiterhin die Aussage, dass alle Produkte, die in der Desinfektionsmittel-Liste des VAH als begrenzt viruzid (oder begrenzt viruzid PLUS oder viruzid) veröffentlicht werden, auch gegen die neuen Varianten von SARS-CoV-2 wirksam sind. Dies schließt auch die besorgniserregende Virusvariante Omikron (B.1.1.529) mit ein. Die zugrundeliegenden Mutationen des Spike-Proteins beeinflussen nicht die Wirksamkeit der grundsätzlich immer im Überschuss eingesetzten Desinfektionsmittel, die auf die Lipidhülle von Viren wirken. Daher sind die VAH-zertifizierten Konzentrations-Zeit-Relationen bei vorschriftsmäßiger Anwendung sicher wirksam.
Tröpfchen sowie Aerosole bleiben Haupt-Übertragungsweg
Tröpfchen und Aerosole bleiben die wichtigsten Übertragungswege für SARS-CoV-2, das schließt auch alle Varianten des Virus mit ein [8, 11]. Impfungen einschließlich Booster-Impfung, Abstandswahrung, korrekt getragene, passende medizinische Masken, Lüften und eine gute Handhygiene sind nach wie vor die Grundpfeiler der Prävention.