Interviewer: Jan Hinnerk Timm
Kerstin Protz ist Fachautorin und Dozentin im Themenfeld der Wundversorgung. Sie hat zudem an der Entwicklung zahlreicher E-Learning-Angebote mitgewirkt. In diesem Interview spricht sie über die Anforderungen, die ein E-Learning-Kurs zur Wundversorgung erfüllen sollte, und worauf bei der Konzipierung zu achten ist.
Frau Protz, Sie sind Fachautorin und halten zahlreiche Vorträge und Seminare im Themenbereich Wundversorgung. Wie kamen Sie dazu, an der Erstellung von E-Learning-Kursen mitzuarbeiten?
Elektronische Bildungsangebote gewinnen zunehmend an Bedeutung, eine Entwicklung, die durch die Corona-Pandemie noch beschleunigt wurde. Für die Vermittlung von Inhalten ist das E-Learning also eine interessante moderne Methode. Daher arbeite ich seit einigen Jahren bereits mit verschiedenen Anbietern, beispielsweise Verbandmittelherstellern oder Fachgesellschaften, an der Erstellung von Angeboten im Bereich E-Learning. In Zusammenarbeit mit der IWT-Akademie entwickle ich aber auch selbst Kurse, die durch die ICW zertifiziert sind.
Worauf gilt es, bei der Erstellung eines E-Learning Kurses zu achten?
So ein Kurs sollte einen abwechslungsreichen Ablauf haben, der den Teilnehmer gleichzeitig fesselt und fordert. Texte dürfen nicht zu lang sein und auch nicht den Kurs dominieren. E-Learning ermöglicht die Visualisierung von Sachverhalten durch Filme, Grafiken oder Fotos, anhand derer etwa bestimmte Merkmale markiert werden müssen. In unserem Themenfeld bieten sich da beispielsweise Wundfotos an. Zudem sollten dem Teilnehmer in regelmäßigen Abständen Fallbeispiele zum selber bearbeiten oder kleine Aufgaben gestellt werden. Geeignete E-Learning-Tools, also die Basis aus der man einen E-Learning Kurs erstellt, bieten entsprechende Features. Damit kann man beispielsweise eine Gesprächssituation simulieren, bei der vom Teilnehmer aus mehreren Alternativen die richtigen Antworten ausgewählt werden.
Wie sehen Sie die künftige Entwicklung von E-Learning Angeboten im Themenfeld der Wundversorgung?
Es handelt sich um eine zeitgemäße Art der Wissensvermittlung, die Ressourcen spart und sowohl für die Teilnehmenden als auch für uns Dozenten viele Vorteile mit sich bringt. Zudem kann so ein Kurs, im Gegensatz zu einem Artikel oder einem Buch, rasch aktualisiert werden, wenn es neue Erkenntnisse gibt oder bisherige Inhalte obsolet werden. Dennoch ist meiner Ansicht nach, der intensive fachliche Austausch im Rahmen von Begegnungen dadurch nicht zu ersetzten, zumal dabei Methoden und Materialien vor Ort praxisnah erprobt und ausprobiert werden können. Das gemeinsame Lernen in einem Präsenz-Kurs macht meiner Erfahrung nach den Teilnehmenden mehr Spaß, auch wenn es vielleicht nicht so bequem und mit Stress verbunden ist. Insofern gehe ich zwar davon aus, dass das Angebot an E-Learning Kursen in der Wundversorgung zukünftig noch größer und besser wird, aber immer nur eine Ergänzung zu persönlichen Begegnungen im Rahmen von Veranstaltungen und Präsenzkursen sein wird. Dem trägt auch die Initiative Chronische Wunden Rechnung, indem nur ein gewisser Anteil an erforderlichen Rezertpunken per E-Learning erworben werden kann.
Vielen Dank für das Gespräch!