von Martin Motzkus
„Der Mensch bewegt sich, wenn er ein Motiv zur Bewegung hat.“
Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege, DNQP 2010, S. 28
Schaffen wir also Motive zu mehr Bewegung. Ich erinnere mich sehr gut an eine kleine Geschichte aus meiner eigenen Pflegepraxis: Ich betrete gemeinsam mit einem Pflegeschüler das Zimmer einer alten Dame, die aus einem Pflegeheim ins Krankenhaus eingewiesen wurde und einen Dekubitus im Sakralbereich hatte. Die kognitiv stark veränderte und komplett bettlägerige Patientin konnte keine Auskunft geben. Der Pflegeüberleitungsbogen merkte an, dass in allen Bereichen der Pflege eine komplette Übernahme erforderlich und die Dame bettlägerig sei. Wir fanden daher in der mitgebrachten kleinen Reisetasche auch keine Schuhe, dafür waren alle Nachthemden am Rücken aufgetrennt, damit sie bei der liegenden Patientin leichter anzuziehen waren. Der anwesende Auszubildende war sehr skeptisch und befürchtete, dass die Dame beim Aufstehen kollabieren könne und überhaupt eine Mobilisation waghalsig sei. Wir haben uns trotz seiner Befürchtungen die Mühe gemacht und die Dame in mehreren Akten zunächst in eine sitzende Position, etwas später zum Stehen und sie am Folgetag dann dazu zu bringen können, drei kleine Schritte zu laufen. Die drei Schritte waren gerade so viel, wie nötig waren, um ans Fenster zu treten. Es war ein sonniger Tag und die Dame konnte von ihrem Bett aus dem Garten der Klinik sehen. Das bis dahin bei der Versorgung immerzu ausdruckslose Gesicht verwandelte sich in das strahlendste Lächeln, dass man sich vorstellen kann. Das Erlebnis wird der Auszubildende nicht mehr vergessen. Die Dame hat es im Laufe des Aufenthaltes geschafft, wieder kleinere Strecken in Begleitung zu gehen und es bereitete ihr sichtliches Vergnügen, das zu tun! Der Höhepunkt war sogar ein Besuch im Garten, den sie allerdings im Rollstuhl absolvierte. Dazu fällt mir folgender Satz ein: „Erst muss die Seele bewegt werden, dann folgt der Körper.“ (Prof. Erwin Böhm, österreichischer Pflegewissenschaftler).
Sie sehen also, es Bedarf einiger Motivation, Menschen zu bewegen und das trifft sicherlich auch auf Jeden von uns zu! Frau Angelika Zegelin schreibt in ihrem Buch: „Bewegung muss Sinn und Freude machen, Menschen bewegen sich intentional (benötigen also einen Beweggrund).“
Liefern Sie also Ihren Patienten Gründe zu mehr Bewegung und führen Sie ihnen den Nutzen vor Augen. Außerdem sollten es konkrete Angebote sein, die genutzt werden können. Einige Kliniken, aber auch lokale Sportvereine bieten niedrigschwellige Angebote an, die sich an Menschen richten, die bisher wenig oder keinen Sport machen können. Fragen Sie dazu mal bei Ihrem Stadtsportbund oder beim Landessportbund nach, was es in Ihrer Region gibt. „Sport bei pAVK“, „Bewegt älter werden“ sind nur zwei Angebote aus meiner Heimatstadt. Krankenkassen fördern viele Angebote finanziell, weil sie ein Interesse an Gesundheitsförderung haben.