Was macht ein Krankenhaus grün?

© iStock.com/PanAek

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von Dr. Gudrun Westermann

 „Was macht ein Krankenhaus grün?“, fragte Edeltraud Günther aus Dresden. OP-Textilien, Abwasser und auch die Energieversorgung in Krankenhäusern sind Themen. Es ist notwendig, Ziele zu definieren, Prozesse zu beschreiben und Strukturen und Verantwortlichkeiten festzulegen. Auch die Ergebnisse müssen evaluiert werden.
Günther berichtete über eine Umfrage, mit der an Krankenhäusern erhoben wurde, inwieweit dies z.B. für Energie, Wasser, Emissionen und Abfall umgesetzt ist. Bei Themen, die Kosten verursachen, ist man schon recht weit, so das Ergebnis. Die Hälfte der Krankenhäuser in Deutschland hat bereits einen Umweltbeauftragten, über 20% hat ein eigenes Umweltteam. Günther ermunterte dazu, Umweltprojekte anzugehen. Barrieren für die Umsetzung, das zeigten ihre Untersuchungen ebenfalls, liegen oft in der Organisationskultur und im Führungsstil begründet, der in Krankenhäusern meist noch sehr hierarchisch ist.

Annegret Dickhoff stellte das Projekt KLIK green vor. KLIK steht dabei für Klimamanager in Kliniken. In 250 Kliniken sollen Fachkräfte aus verschiedenen Berufsgruppen zu Klimamanager/innen qualifiziert werden. Wichtige Themen dabei sind Energieeinsparung und Ressourcenverbrauch, aber auch Emissionen, z.B. von Methan oder auch von Narkosegasen. Als Beispiele nannte Dickhoff u.a. das Recycling von OP-Klammernahtgeräten und das Abschalten der OP-Lüftung während der betriebsfreien Zeit. Am Universitätsklinikum Brandenburg sind mit dem Einsatz von Mehrweggeschirr in der Cafeteria sehr gute Erfahrungen gemacht worden; dadurch können 300 Einwegverpackungen pro Woche und in der Bilanz über die Wirkdauer 25 t CO2-Äquivalente eingespart werden. Durch die Vernetzung über die KLIK-Datenbank können Kliniken voneinander lernen und ihre Erfahrungen mit bestimmten Projekten austauschen. Hygienefachkräfte gehören ebenfalls in ein Klimateam, erklärte Dickhoff, denn bei vielen Themen sind auch hygienische Aspekte zu beachten.

Werner Lorke aus Frankfurt befasste sich mit der Frage: Chirurgische Einweginstrumente – ein Beitrag zur Nachhaltigkeit? Im Gesundheitswesen ist Nachhaltigkeit vor dem Hintergrund der Patientensicherheit und Wirtschaftlichkeit zu sehen. Das Ziel ist, die ökologische Bilanz zu verbessern. Neben Injektionskanülen, Skalpell-Klingen und Stanzen werden auch immer mehr MIC-Instrumente als Einmalinstrumente eingesetzt. Hier verschiebt sich aber die wirtschaftliche Bilanz, weil diese Instrumente, z.B. Stapler in der Chirurgie, immer teurer werden.

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Lorke befasste sich besonders mit chirurgischen Einmalinstrumenten und ging kurz auf die rechtlichen Grundlagen wie MDD und MPBetreibV ein. Während die Sicherheits- und Wirtschaftlichkeitsvorteile auf der Hand liegen, sind die Vorteile einer Wiederaufbereitung solcher Instrumente schwerer zu fassen. Dadurch dass die Vorstufen der Instrumente oft aus Nicht-EU-Ländern stammen, kommen erhebliche CO2-Emissionen durch den Transport hinzu, andererseits bringt ein Recycling in Europa u.U. nichts, wenn die Herstellung der Instrumente nicht hier erfolgt. Lorke betonte, dass Strukturen und Prozesse oft nicht geeignet sind, Recycling wirklich umzusetzen. Auch juristische Probleme und das Primat der Gesundheitsfürsorge im Umgang mit potenziell infektiösem Material stehen dem oft entgegen. Lorke machte deutlich, dass für ein funktionierendes Recycling Voraussetzungen geschaffen werden müssen, z.B. wertstoffspezifische Sammelpfade, Re-Design (z.B. Abtrennbarkeit kontaminierter Teile) und kreislauforientierte Geschäftsmodelle.

Sven Grieger aus Alzenau sprach ebenfalls über Recycling von Medizinprodukten. Für die im Gesundheitswesen in großen Mengen eingesetzten Einmalartikel sind bislang keine nennenswerten Ansätze zum stofflichen Recycling etabliert. Kliniken fordern jetzt vermehrt Rücknahmekonzepte. Deutschlandweit wurden laut einer Erhebung aus dem Jahr 2020 über 24 Mio. metallische Einmalinstrumente eingesetzt – dabei war das Jahr 2020 wegen der COVID-19-Pandemie sicher nicht  repräsentativ. Gefährliche Abfälle müssen in einer zugelassenen Verbrennungsanlage entsorgt werden, erklärte Grieger. Auch rechtlich gibt es also einige Hindernisse, die dem Ziel des Recyclings entgegenstehen. Bei der thermischen Verwertung wird nur ein Teil zur Verwendung in Baustahl zurückgewonnen. Getrennte Abfallentsorgung ist eine wichtige Voraussetzung, z.B. von Edelstahl, hochwertigen und minderwertigen Kunststoffprodukten. Für letztere sind Dekarbonisierungsverfahren in der Erprobung. Grieger zeigte in einem abschließenden Ausblick die Voraussetzungen für Rücknahme- und Recyclinglösungen auf, z.B. ein flächendeckendes Netz, Lenkungsmaßnahmen wie Pfandsysteme, hygienische Sicherheit, aber auch die Akzeptanz von Sekundärmaterial.



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